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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,2.1928

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Heft 11 (Augustheft 1928)
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Lose Blätter
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Tribüne
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https://doi.org/10.11588/diglit.8884#0378

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Mitteu aus der Leere der LüfLe empfing Hipponoos einen riesigen Schlag; er
ttaf nicht den Leib, er Lraf in die Seele, aber er fchmetterke ihn aus dem SiH:
Haupt unker Füße wirbelte er wie eine Flocke hinab in das Meer, — während
der geflügelLe Boke die grade Bahn weiter dahinfchoß, um — wie es sich
ziemte — die heilige HeimaL allein zu erreichen.

Hipponoos verlor nicht die Seele im Sturz, aber die Sinne. Schiffcr brachten
ihn nach Zeleia zurück; er ging wie ein Blinder miL vor sich Lafienden Händen,
das WorL Lykien lallend, und lachtt kindifch, als ihm gesagt wurde, daß er
dort sei. Manches erkannte er anfangs, Dinge und Menfchen, aber cs freutt
ihn nichts, so daß er verweilte, und eines Morgens war er verfchwunden. Auf
einer Felsen-Halde jenseits der aleifchen Ebene wurde er späLer gesehen; sein
Haar war ergrauL, ein grauer BarL ihm gcwachsen; er sprang nackend über die
Felscnbrocken und ließ sich nichL fangen. Den Goldzaum! rief er, den Gold-
zaum!

Filonoe vergrämte sich ftill, aber die Kindcr wuchsen heran; der BaLer erfuhr
ihre Schicksale nicht. Nichk, daß Isandros der heldifche Sohn auf einem
Zugc gegcn die Solymer von Ares erfchlagen wurde, als er den Specr gegen
ihn hob; und nicht, daß die Tochter Laodameia, von Zeus überfchatteL, ihm zwar
Sarpcdon gebar, nachmals in Lykien und vor den Mauern von Troja der
größte Held neben Hektor, daß aber cin Pfeilfchuß der ArLemis sie bald dahin-
rasfte, die ihr, die Keufche, die ehelose Frucht nichL gönnte. 2ln diesen beiden
Hipponoos-Kindern erfüllte sich der GöLLerspruch über das Sisyfos-Blut.
Übrig blieb Hippolochos allein, der unfcheinbar lebte und ftarb wie der nene
Glaukos, sein Sohn.

Und übrig blieb, länger als diese alle, Hipponoos selber. Wandcrcr wohl, von
der Macht überrafcht, sahen einen klagenden Greis über die aleifche Ebcne laufen.
Was sic ihn rufen hörten, fchien sein eigener Mame, den ihm die Lykier gaben,
allein er erklang ihnen seltsam verändert: BellerofonLes. Durch Filonoe kam
cs zutage, daß der Name des Iügendfreundes, den Hipponoos in der Renn-
bahn erfchlug, Belleros lauttte. So war er als irrer Greis zur Iugend und
crften fchmerzlichften UnkaL zurückgekehrL, ni'chk um Filonoe klagend und die
Kinder, nicht um Pegasos und die ruchlose Fahrk znm Olymp, sondern um
crfte cklnfchuld und den erften Liebenden und GeliebLen.

Als BellerofonLcs ging er daher in das Neich seiner Sagc ein.

Tribüne

Paul Claudel

Von Bernhard Rang

I ber Amt und Sendung des Di'chterö ift unsere Zeit noch innner im unklaren.
^^Der Begrisf des Dichters, sein Typ fcheint noch nicht geformt zu sein. So
bleibt es fchwierig, wenn m'cht unmögli'ch, seine Geftalt zu zeichncn, seine Prägung
zu erkennen. Ohne daß wir das freilich oft oberflächliche Gerede vom Dichter als
Zeitfchriftfleller abtun wollen — das Problem des Schriftftellers, Literaten, Iour-
naliften wird gerade heute eingehend zu erörtern sein —, Amt und Sendung deS
 
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