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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 9.1895-1896

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Heft 12
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Sprechsaal
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.11730#0202

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nil-yt unempfänglichen tzerzen die liebesehnsüchtige Olgn
nrit der erregten Frage nnht, nb er wohl glaube, jemnls
lieben zu können. Wie konsequent und unbeirrt und doch
dabei mit welch znrter Schonung weist er die Liebende
zurück: „So dunkel ineine Zuknnft ist, über eins bin ich
mir klar: ich werde nie ein Weib hnben." Zartheit des
Empfindens nber verbunden mit entschlossener Münnlich-
keit, dns ist etwas so Kostbares und zugleich so Seltenes,
in seiner Vereinigung sv sehr Seltenes, dnß mnn nuf
einen Dichter gnr nicht deutlich genug hinweisen knnn, der
so bcgabte Persönlichkeiten lebensvoll dnrstellt; mögen
immerhin Mnngel und Unklnrheiten fürs Erste noch so
sehr die volle Wirkung seines Talentes beeintrnchtigen.

Von derselben Feinheit der Zeichnung ist Olgns Ge-
stnlt. Olgn hat schon einmal geliebt und Liebe genossen.
Sie hnlt ihr Leben für abgeschlossen und glnnbt nicht mehr
lieben zu können. Sie ist eine stnrke Seele, kurz und ent-
schlossen im Wort, tüchtig im tzandeln. Den Wert von
Weylands Persönlichkeit erkennt sie sofort, und sosort liebt
sie ihn nuch. Und mit einer köstlichen Liebe licbt sie ihn,
mit jener Liebe, die bei nller Hestigkeit und Leidenschaft-
lichkeit des Gefühls die Liebende doch ihrer selbst vollstnndig
vergessen mnchen kann. Sie will Weyland glücklich sehen,
dns ist nlles, wns sie weiß, nachdem sie eingesehen, dnß sie
nus eine Vereinigung mit ihm verzichten muß. Sie zögert
nicht, sich selber dem alten Genußmenschen opsern zu wollen,
sie weist heftig die Abwehr Weylnnds zurück: das gehe ihn
nichts an, wns sie nus sich mache; sie will, sie will nun
einmnl, daß er das Geld erhnlten soll. Und dnnn wieder
weint sie, weint sie bitterlich über Weyland in dem selbst-
losen und doch echt weiblichen Kummer eines Frauen-
herzens, dns vornussieht, wie einsam er seinen Weg durchs
Leben wird ziehen müssen: „Weil Sie keinen hnben sollen,
der's treu mit Jhnen meint. Weil Sie nllein sterben sollen".
Als nber nuch ihre Nichte sich sür Weyland begeistern will,
dn fnhrt sie ihr mit einem grobzornigen und verachtungs-
vollen: „Quatschliese! kannst du Weyland helsen?" dn-
zwischen. Und so enthüllt sich vor uns eine jener seltenen,
edeln und leidenschnftlichen Nnturen, die auf den Besiß
des Geliebten selbstlos verzichten können, dnfür nber nuch
dns Vorrecht, ihn lieben zu dürfen, gnnz nllein für sich in
Ansprnch nehmen, um voll in dem Teuren auszugehen und
Kummer, Leid, Lust und Stolz, alles sür ihn, in ihrem
heißen tzerzen durchzufühlen.

Freilich ist, was ich hier geschildert, eben dns, wns
mir nls Kern des Halbeschen Werkes erscheint, und ich
muß zugeben, dnß Hnlbe nlles Mögliche gethnn hat, um

dns Hernnsschnlen dieses Kerns so schwer wie möglich zu
mnchen.

Konnte er es doch sertig bringen, sognr den beiden
Hnuptpersonen im ersten Akte zum mindesten höchst un-
nötige Zchnörkel nnzuhängen: Olga redet dnrin einen
m i r wenigstens viel zu stnrk nufgetragenen rücksichtslosen
Jargon, und Weylnnd führt sich mit der nnchgerade zur
Schnblone gewordenen Ungeniertheit und sogenannten Sieg-
hastigkeit einer Großmnnnsnatur ein. Dns Schlimmste
aber kommt erst in der zweiten Hülste des ersten Aktes.
Durch den leersten Zufnll auf der Welt sVorzeigen eines
blnuen Schleiers) wird Olga auf die Jdee gebrncht, Wey-
lnnd hnbc die knltherzige Nichte zur Liebsten, wührend der
hitzige Phrasenmensch meint, der Freund habe diese seine
Braut entehrt. Beide wenden sich voll Entrüstung von
Weylnnd. Weylnnd aber bricht, statt über den Zufnll,
der sich doch in den nüchsten Minuten von selber nufklüren
muß, einfnch zu lachen, in die hier sür mich geradezu
komisch wirkenden Worte aus: „Jch bin jn unschuldig.
Wäre es nicht so furchtbnr geheimnisvoll, es ivüre unsng-
bar lücherlich". Und nun scheint mir der Verfnsser nus
dieser konfusen, gewaltsam erzeugten Stimmung hernus
eine Lebenswende künstlich konstruieren zu wollen, die
meiner Ansicht nnch schon lnnge vorher gnnz still und
unbemerkt für Olga sowohl wie Weylnnd eingetreten ist,
dnmals nümlich, nls dieser nuf die Diensle des liebcnden
Weibes verzichtete.

Wie Halbe dazu kommen konnte, sein Werk selber so
zu verpsuschen? Meine Ansicht geht dnhin, daß er's nicht
nur von innen hernus, den Bedürsnissen seines Jnnern
gemäß gestnltete, sondern dnß er dnneben die Nbsicht hntte,
ein den Anforderungen mnßgebender Leute gerechtes und
bedeutendes Drnma zu schreiben. Das muß natürlich
immer zu schlimmen Folgen sühren: nur ein Dichter, der
unbekümmert um nlle üußeren Rücksichten sich selbst, so
wie er einmnl ist, vollkommen oder unvollkommen gibt,
knnn etwas durchaus Echtes schafsen. llnd dann noch eine
ossene Frage: hnt sich Hnlbe nicht mnnchesmnl, vielleicht
sich selber unbewußt, gescheut, eine Art des Empfindens
klar zu gestalten, die ihm uon mnnchen Kreisen nls un-
modern gedeutet werden konnte?

Zum Schluß ein Wort über den Titel: wnrum nennt
der Verfnsser sein Werk, dns seinem Jnhnlt nnch über-
wiegend ernsthast ist und nuch durchaus ernsthnst nb-
schließt, eine Komödie? So wns ist im besten Fnlle,
wenn nümlich nicht Afsektion oder Spielerei dnhinter
steckt, eine Schiefheit, die ein ernsthnfter Mann vermeiden
könnte und sollte. L. lveber.

Lose Klätter

Allerlei zur

Die Standbilder tür die Werliner Sieciesallec

machen wieder von sich reden: während aber bei ihrer
Stistung durch den Kniser durch nlle Zeitungsblütter ein
Jubelbraus rnuschte, geht es jetzt durch sie nur wie ein heim-
liches Säuseln. Nicht deshnlb wnr der Jubel erklungen,
weil der Kaiser ein fürstlich Geschenk, den Schloßbrunnen,
fürstlich erwidert, sondern weil er erklärt hntte: zwischen
den Standbildern der Fürsten sollten solche hervorrngender
Bürger und anderer nicht sürstlicher Männer stehen, für
deren Verdienste das Vaterlnnd zu danken hnt. Es scheint,
der Kniser hntte bei dieser Willensverkündung doch nicht

Rücks ch n u.

genug mit „ästhetischen Gründen" gerechnet, denn schon
nnch einigen Wochen ergnb sich den Maßgebenden, dnß
nus solchen ästhetischen Gründen eine gleiche Höhe der
Stnndbilder von Staatsmünnern und sonstigen Bürgern
mit denen von Herrschern leider nicht wohl zu mnchen
sei: es sei nlso für die llnterthnnen die Form von H e r m en
zu wählen. Und als abermals eine Reihe von Wochen
ins Meer der Zeit geflossen war, siehe, dn knm Reinhold
Begas mit Plänen ins Schloß, wornnf gleichfnlls nus
üsthetischen Gründen nus den Hermenbüsten der llnter-
; thanen nnch dem einen Bericht schlichte Büsten für die
 
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