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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0170

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Die Opposttion.

^!n den wenigen Jahren vom Herbst 1840 bis Herbst 1844
war die politische Unzufriedenheit zu einer erstaunlichen Höhe in ganz
Deutschland angewachsen. Die Politik beschäftigte alle Kreise und
bemächtigte sich der deutschen Poesie wie nie zuvor, auch nicht in den
Befreiungskriegen. Ueberall las, sang und recitierte man die Verse
der Heine, Hofsmann von Fallersleben, Freiligrath, Herwegh, und
zahlloser anderen Poeten und Poetaster. Am meisten zündeten die
Gedichte eines Lebendigen.

Als ich eines Morgens durch die Friedrichsstraße ging, lag ein
vor kurzem zum Amtmann ernannter alter Herr der Suevia am
Fenster seiner Wohnung nnd ries mich zu sich hinein. Er war
von äußerst loyaler, streng monarchischer Gesinnung, aber die Kraft
und mehr noch der Bombast der Herweghschen Muse hatten den Amt-
mann, der sich ums Leben gern deklamieren hörte, mächtig ergriffen.
Er machte die Thure fest hinter mir zu, schloß das Fenster, warf sich
in die Brust und donnerte mir zu:

„Reißt die Kreuze aus der Erden,

Kreuze sollen Schwerter werden,

Gott im Himmel wird's verzeih'n!"

Wenn ein großherzoglich badischer Amtmann sich in der Poesie der
Freiheitssänger so stark berauschte, wer mochte es den Studenten ver-
denken, wenn sie erst recht den feurigen Trank in vollen Zügen
* schlürften?
 
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