Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0323

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Prüfung auf dern Krankendrkte.

Akutvr Getrnkrtzrurnatisiuus iur Wintrr 1846/47.

k^iemand hatte sich über meinen ärztlichen Lizenzschein mehr ge-
sreut, als meine Mntter. Leider waren ihre Tage bereits gezahlt; aus
Furcht vor dem Messer der Chirurgen verheimlichte sie ein böses Leiden
so lange, bis es zum Operieren zu spät war. Erst 48 Jahre alt, schied
sie nach unsäglichen Qualen am 19. November 1846 von uns. Kurz
zuvor, sür meine arme Mutter ein Jahr zu spät, war in Boston die
große Erfindung gemacht worden, chirnrgische Operationen mittelst
eingeatmeter Aetherdünste schmerzlos auszuführen.

Als meine Mutter starb, war ich seit einigen Monaten Assistenz-
arzt an der inneren Klinik Pfenfers. Jch wohnte im Krankenhause,
ohne zu ahnen, daß ich meine genausten pathotogischen Beobachtungen
darin am eigenen Leibe machen sottte. Jn der Weihnachtswoche streckte
mich ein heftiger Gelenkrheumatismus auf das Schmerzenslager und
wich erst gegen Ende Februar. Er züchtigte meinen verzärtelten Leib
für die groben hygienischen Sünden, die ich, als Arzt doppelt strafbar,
hätte vermeiden sollen. Seit anderthalb Jahren hatte ich die meiste
Zeit am Studiertisch gesessen, war nur wenig in die frische Luft ge-
gangen, hatte meine Muskeln kaum geübt und meine Haut nicht
methodisch mit kaltem Wasser abgehärtet. Zwar hatte mir der Lizenz-
schein die beste Note erteilt, aber in Wirklichkeit war ich ein Stümper.
Hätte ich nur das Abc der Gesundheitslehre gekannt und befolgt, so
wäre ich sicher vor der Krankheit geschützt gewesen.

Allerlei Störungen in meinem Wohlbefinden hatten mich im
 
Annotationen