DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.1400#0194
X
HEER UND MARINE. HANDELSSCHIFFAHRT. KOLONIEN
IE einst das ziemlich trü-
gerische Schlagwort des
zweiten Kaiserreichs lau-
tete »L'empire c'est la
paix" — »Das Kaiserreich
ist der Frieden" — so kehrt
in allen Reden und in allen ,
Artikeln, die der Welt-
ausstellung gewidmet werden, das ähnliche Schlag-
wort wieder: „Die Weltausstellung ist das Friedens-
fest." Das Wort ist trügerisch, wie das andere.
Wenn eine Weltausstellung ein Symbol ist, so ist
sie vielleicht weit weniger-ein Symbol des Friedens,
als ein Symbol des unablässigen ökonomischen
Konkurrenzkampfes zwischen den Nationen. Aus-
stellungsfeste haben noch nie den Frieden gesichert
— auf die Pariser Ausstellung von 1867, an der
auch die deutschen Staaten teilnahmen, folgte der
Krieg von 1870, und die Weltausstellung von 1900,
in der man, eng nebeneinander, die Produkte Englands
und die Produkte Transvaals, die Erzeugnisse Euro-
pas und die Erzeugnisse Chinas sieht, fällt zusammen
mit den Kriegen in Südafrika und in Ostasien. Aber
wenn man es einen Augenblick lang hätte vergessen
können, wie eitel die Hoffnungen sind, die sich in
der Feststimmung schwungvoll zu äussern pflegen
— es ist dafür gesorgt, dass man bald wieder zur
Erkenntnis der nüchternen Wirklichkeit zurückge-
rufen wird. Wie ein Mahner, wie ein Wahrzeichen
dieser Wirklichkeit, die nicht vergessen sein will,
erhebt sich mitten in der Weltausstellung der lange,
schmucklos wuchtige Palast der »Armee und Ma- palast der
rine". Mit seinem wehrhaften, festungsartigen ^^f,^^0
Mittelbau und seinen zwei langgestreckten Flügeln
beherrscht er fast die ganze Strecke des linken
Seine-Ufers zwischen Pont de TAlma und Pont
d'Iena. Er erinnert gebieterisch daran, dass der Frie-
den, in dem wir leben (ein gerade in diesem Jahre
etwas gestörter Frieden!), eben nur ein »bewaffneter
Frieden" ist.
Diese Ausstellung der Armee und Marine hat
keinen offiziellen Charakter, obwohl die Regierung in
einzelnen Abteilungen als Aussteller auftritt. Dass
sie dem Sachverständigen nicht viel Neues sagt, ist
PALAST DER ARMEE UND MARINE
•— 189
HEER UND MARINE. HANDELSSCHIFFAHRT. KOLONIEN
IE einst das ziemlich trü-
gerische Schlagwort des
zweiten Kaiserreichs lau-
tete »L'empire c'est la
paix" — »Das Kaiserreich
ist der Frieden" — so kehrt
in allen Reden und in allen ,
Artikeln, die der Welt-
ausstellung gewidmet werden, das ähnliche Schlag-
wort wieder: „Die Weltausstellung ist das Friedens-
fest." Das Wort ist trügerisch, wie das andere.
Wenn eine Weltausstellung ein Symbol ist, so ist
sie vielleicht weit weniger-ein Symbol des Friedens,
als ein Symbol des unablässigen ökonomischen
Konkurrenzkampfes zwischen den Nationen. Aus-
stellungsfeste haben noch nie den Frieden gesichert
— auf die Pariser Ausstellung von 1867, an der
auch die deutschen Staaten teilnahmen, folgte der
Krieg von 1870, und die Weltausstellung von 1900,
in der man, eng nebeneinander, die Produkte Englands
und die Produkte Transvaals, die Erzeugnisse Euro-
pas und die Erzeugnisse Chinas sieht, fällt zusammen
mit den Kriegen in Südafrika und in Ostasien. Aber
wenn man es einen Augenblick lang hätte vergessen
können, wie eitel die Hoffnungen sind, die sich in
der Feststimmung schwungvoll zu äussern pflegen
— es ist dafür gesorgt, dass man bald wieder zur
Erkenntnis der nüchternen Wirklichkeit zurückge-
rufen wird. Wie ein Mahner, wie ein Wahrzeichen
dieser Wirklichkeit, die nicht vergessen sein will,
erhebt sich mitten in der Weltausstellung der lange,
schmucklos wuchtige Palast der »Armee und Ma- palast der
rine". Mit seinem wehrhaften, festungsartigen ^^f,^^0
Mittelbau und seinen zwei langgestreckten Flügeln
beherrscht er fast die ganze Strecke des linken
Seine-Ufers zwischen Pont de TAlma und Pont
d'Iena. Er erinnert gebieterisch daran, dass der Frie-
den, in dem wir leben (ein gerade in diesem Jahre
etwas gestörter Frieden!), eben nur ein »bewaffneter
Frieden" ist.
Diese Ausstellung der Armee und Marine hat
keinen offiziellen Charakter, obwohl die Regierung in
einzelnen Abteilungen als Aussteller auftritt. Dass
sie dem Sachverständigen nicht viel Neues sagt, ist
PALAST DER ARMEE UND MARINE
•— 189