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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 7.1908

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Nr. 10
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Heilmeyer, Alexander: Theodor Veil
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https://doi.org/10.11588/diglit.23632#0546
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VII

MODERME BAUFORMEN □

MONATSHFFTE FÜR ARCHITEKTUR ( J


THEODOR VEIL

VON ALEXANDBR HEILMEYER-MÜNCHEN

In der heurigen grossen Münchner Ausstellung
traten eine Anzahl tüchtiger Talente auf, welche
aus der Schule der modernen Raumkunst hervor-
gingen und welche in ihren Arbeiten ganz bestimmte,
gerade für das Münchner Kunstschaffen charakte-
ristische Züge aufzuweisen haben. Besonders
charakteristisch scheinen uns die Räume, welche
ein junger Architekt, Theodor Veil, erfunden und
ausgestaltet hat. Veil hat sich bei Peter Behrens
gebildet und ist nun schon seit Jahren als Assistent
für bürgerliche Baukunst bei Prof. Hocheder an
der kgl. technischen Hochschule zu München tätig.
Er hat schon in jungen Jahren durch eifrige An-
teilnahme an öffentlichen Wettbewerben Auszeich-
nungen und Erfolge errungen. Von der jetzigen
Reife seines Talents und Könnens spricht der
Repräsentationsraum der Abteilung für Damen-
konfektion auf der Münchener Ausstellung 1908.
Architektur und Malerei verbinden sich da zu aus-
nehmend schöner Wirkung. Veil gestaltete den
Raum und Adolf Münzer schuf dazu eine Reihe
farbenschöner Bilder. Die farbige Gesamtstimmung
setzt sich aus lauter feinberechneten Kontrast-
wirkungen zusammen — Kontrastwirkungen, die
sowohl in der Form und in den Linien als auch in
den Farben zum Ausdruck kommen: ovale Bilder
stehen in rechteckigen Feldern, breitgestellte Recht-
ecke wechseln mit hochgestellten u. s. w. Die
Wandverkleidung ist silbergrau, die Borten, welche
die Flächen gliedern und aufteilen, sind braun und
gelb, bei dem Dekor der in Hochglanzemail
lackierten Säulen ist Gold mit Grün verwendet,
die Vorhänge sind orangefarben, die Vitrinen und
Spiegelrahmen sind in poliertem Ahornholz mit
schwarzen Intarsien ausgeführt. Ein prächtiger
Teppich in feinen diskreten Farben (rehbraun und
grün mit einer Guirlande von gelben und roten
Rosen) hält das Ganze zusammen. Es ist ein Raum,
wie geschaffen zum Aufenthalt für schöne Frauen.
Bei aller Vornehmheit und Eleganz der Erscheinung
mutet er so behaglich an, dass man auf Augenblicke

vergisst, in einer „ Ausstellung“ zu sein. Wie Veil
Wohnräume gestaltet, ersieht man aus zwei Bei-
spielen auf der gleichen Ausstellung. Gerade die
Ausstellung verführt so leicht zur Anwendung des
Schemas „möbliertes Zimmer“ oder „Wohn-“,
„Speise-“, „Schlafzimmer-Einrichtung“. Bei Veils
Speise- und Schlafzimmer ist dies ganz anders.
Jeder Gegenstand hat einen bestimmten Platz, der
durch die räumliche Gestaltung bedingt ist; sein
ausgesprochenes Gefühl für Symmetrie und schöne
Verhältnisse machtsich bemerkbar. Ausden Möbeln,
der Art ihrer Aufstellung und ihres Verhältnisses
zu den Bewohnern ergibt sich der ausgesprochene
Charakter des Raumes als „Speise“- und „Schlaf-
zimmer“. V

V Bei einer anderen Aufgabe, die er zusammen
mit Architekt Herms ausführte, erwuchs die Art
der Gestaltung aus der Art des gegebenen Materials.
Für die Firma Holzmann & Co. in Frankfurt sollte
zur Ausstellung von allerlei Baumaterialien ein
Repräsentationsraum auf der Ausstellung geschaffen
werden. Die Struktur und Farbe von geschliffenen
und polierten Steinen eignet sich vorzüglich zur
Flächendekoration, wenn, wie es hier geschah, aus
diesen Materialien hübsche Flächenmuster gebildet
werden. Auf diese Weise wird auch das Material
selbst am besten zur Anschauung gebracht. Es
macht die eigentliche Begabung des Architekten
aus, den aus den verschiedensten Forderungen des
Lebens hervorgehenden Aufgaben Form und Gestalt
zu geben. Solche aus dem Zweckgedanken und
bestimmten Forderungen herausgestaltete Lösungen
sind das Schulhaus in Schramberg und der Kapellen-
bau der katholisch-apostolischen Gemeinde in Ulm.
Der Kapellenbau war eine ganz ungewöhnliche
Aufgabe, weil hier ganz bestimmte Anforderungen
des Kults berücksichtigt werden mussten. Der
Bau musste auch mit möglichst einfachen Mitteln
ausgeführt werden. Aber gerade aus dieser Be-
schränkung erwuchs die Notwendigkeit einer mög-
lichst rationellen Bauweise (Eisenbeton) und führte

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