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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 9.1910

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Nr. 10
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Widmer, Karl: Neubauten von Pfeifer & Grossmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.24106#0636
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NEUBAUTEN VON PFEIFER & GROSSMANN

VON PROF. KARL WIDMER-KARLSRUHE i. B.

Unter den Wohnhausbauten, die Pfeifer
& Grossmann in neuerer Zeit ausgeführt
haben, verdient das Einfamilienhaus von Dr.
Clauss in Karlsruhe wegen der Eigenart seiner
künstlerischen Behandlungsweise besonderes
Interesse. Das Haus steht in einer Fassaden-
reihe von schlichten Privathäusern mit durchweg
horizontalen Gesimsen, Um nicht aus dem
Strassenbild herauszufallen, war man also in der
architektonischen Formgestaltung an einfache
Linien gebunden. Deshalb sind vor allem Mate-
rial und Farbe zu einer reichen und originellen
Wirkung durch Schmuck herangezogen worden.
Ein Hausteinerker und das Portal heben sich
durch farbige Majolika (von der Grossherzog-
lichen Majolikamanufaktur in Karlsruhe aus-
geführt) als Hauptornamente aus der sonst
schlicht behandelten Rauhverputzfläche hervor
und geben der Physiognomie des Hauses eine
sehr aparte künstlerische Note. Die Entwürfe
zur Züricher Universität und zum Donau-
eschinger Rathaus sind aus Wettbewerben
hervorgegangen. Der gesamte Komplex des
Universitätsgebäudes umfasst zwei Hauptteile:
das eigentliche Kollegiengebäude mit dem Aula-
bau und das biologische Institut mit einem
besonderen Hörsaalbau. Die komplizierte An-
lage ist namentlich durch die konsequente Durch-
führung der horizontalen Linien zu einer ausser-
ordentlich ruhigen und geschlossenen Wirkung
zusammengefasst worden, der dem Aulabau mit
dem Dachreiter und dem Hörsaalbau des bio-

logischen Instituts die festen Mittelpunkte geben.
Der letztere bildet, der amphitheatralischen An-
lage der Sitzreihen entsprechend, eine Rotunde
mit einem kuppelartig abschliessenden Licht-
körper, dessen seitliche Fenster das für die
mikroskopischen Untersuchungen nötige Ober-
licht spenden. In dem Entwurf zum Donau-
eschinger Sparkassen- und Rathausbau ist in
einfachen klassizistischen Formen eine feine
Monumentalwirkung erreicht worden. Das
Modell zu dem Reiterstandbild ist der von
Bildhauer Hermann Binz und Pfeifer & Gross-
mann gemeinsam ausgearbeitete preisgekrönte
Entwurf zu einem Denkmal Grossherzog Fried-
richs in Karlsruhe. Der Sockel ist das Werk
der Architekten; ihm verdankt der Entwurf
hauptsächlich seine interessante Wirkung. Die
energische Betonung der aufsteigenden Linie
und die reiche Behandlung des Frieses geben
dem Sockel Kraft und Eleganz und die sorg-
fältig durchdachte Abstufung des Aufbaus gibt
dem ganzen Denkmal einen sehr geschlossenen
und glücklich konzentrierten Gesamteindruck.
Auch der Entwurf der Rheinbrücke bei
Rheinfelden ist das Ergebnis eines Wettbewerbs.
Die Brücke führt über eine in der Mitte des
Flusses liegende Insel und es ist ein besonderes
Verdienst des Pfeifer-&GrossmannschenProjekts,
dass durch einen wuchtigen Mittelbau die beiden
Hälften der Brücke zu einer einheitlichen Wirkung
zusammengefasst und damit eine Zerstückelung
des Brückenbilds vermieden worden ist. V

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