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https://doi.org/10.11588/diglit.12556#0419
SECHSTES BUCH.
DIE INSCHRIFTEN DER KATAKOMBEN.
Erstes Kapitel.
Die christliche Epigraphik. Sammlungen altchristlicher Inschriften.
,Wie sehr es mich freute, auf meinen Reisen eine Statue oder Werth der
ein altes Monument zu finden, ich freute mich noch mehr, wenn Inschriften-
ich eine schöne Inschrift las. Es war mir dann, als spräche eine
menschliche Stimme aus dem Steine, als töne sie über weite Jahr-
hunderte her, als rufe sie dem Menschen mitten in der Einöde zu:
du bist nicht allein, andere Menschen haben hier gedacht, empfun-
den, gelitten wie du. Wenn diese Inschrift irgend einem unter-
gegangenen alten Volke angehört, so gibt sie unserer Seele das
Gefühl der Unendlichkeit und ruft den Gedanken der Unsterblich-
keit in ihm wach, indem sie uns zeigt, wie die Idee den Sturz
eines Weltreiches überlebt.' 1
In diesen schönen Worten hat ein beliebter Schriftsteller des
vorigen Jahrhunderts das Interesse ausgesprochen, welches jeder
Gebildete an Inschriften des Alterthums finden muss. Dass die
christlichen Inschriften gleichen, ja erhöhten Anspruch auf dieses
Interesse haben wie alle andern, bedarf heute hoffentlich keines
Beweises mehr; sind es ja nicht die Denkmäler eines längst dahin
gestorbenen Volkes, die sie uns bieten, sondern die Jugenderin-
nerungen unserer eigenen Kirche, Monumente, die mit unserm
Denken, Glauben, Empfinden im allerinnigsten Zusammenhange
stehen. Ja, so alt ist dieses Interesse wie die Kirche selbst: ,der
Apostel Paulus hat das Zeichen dazu gegeben in seiner Predigt
zu Athen, in der er von der Inschrift einer heidnischen Ära Ge-
brauch machte.' 2 Wie gross aber das Interesse des wissenschaft-
lichen Theologen und insbesondere des Historikers an unsern In-
schriften sein muss, haben die fast auf jedem Blatte unserer Dar-
1 Bernardin de St-Pierre Paul et Virginie.
2 Piper Einl. in die monument. Theologie S. 817.
Kr au s Roma.
25
DIE INSCHRIFTEN DER KATAKOMBEN.
Erstes Kapitel.
Die christliche Epigraphik. Sammlungen altchristlicher Inschriften.
,Wie sehr es mich freute, auf meinen Reisen eine Statue oder Werth der
ein altes Monument zu finden, ich freute mich noch mehr, wenn Inschriften-
ich eine schöne Inschrift las. Es war mir dann, als spräche eine
menschliche Stimme aus dem Steine, als töne sie über weite Jahr-
hunderte her, als rufe sie dem Menschen mitten in der Einöde zu:
du bist nicht allein, andere Menschen haben hier gedacht, empfun-
den, gelitten wie du. Wenn diese Inschrift irgend einem unter-
gegangenen alten Volke angehört, so gibt sie unserer Seele das
Gefühl der Unendlichkeit und ruft den Gedanken der Unsterblich-
keit in ihm wach, indem sie uns zeigt, wie die Idee den Sturz
eines Weltreiches überlebt.' 1
In diesen schönen Worten hat ein beliebter Schriftsteller des
vorigen Jahrhunderts das Interesse ausgesprochen, welches jeder
Gebildete an Inschriften des Alterthums finden muss. Dass die
christlichen Inschriften gleichen, ja erhöhten Anspruch auf dieses
Interesse haben wie alle andern, bedarf heute hoffentlich keines
Beweises mehr; sind es ja nicht die Denkmäler eines längst dahin
gestorbenen Volkes, die sie uns bieten, sondern die Jugenderin-
nerungen unserer eigenen Kirche, Monumente, die mit unserm
Denken, Glauben, Empfinden im allerinnigsten Zusammenhange
stehen. Ja, so alt ist dieses Interesse wie die Kirche selbst: ,der
Apostel Paulus hat das Zeichen dazu gegeben in seiner Predigt
zu Athen, in der er von der Inschrift einer heidnischen Ära Ge-
brauch machte.' 2 Wie gross aber das Interesse des wissenschaft-
lichen Theologen und insbesondere des Historikers an unsern In-
schriften sein muss, haben die fast auf jedem Blatte unserer Dar-
1 Bernardin de St-Pierre Paul et Virginie.
2 Piper Einl. in die monument. Theologie S. 817.
Kr au s Roma.
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