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Rodenberg, Julius
Paris bei Sonnenschein und Lampenlicht: ein Skizzenbuch zur Weltausstellung — Leipzig, 1867 (2. Aufl.)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1385#0359
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Von Julius Rodenberg.

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durch Frankreich, um es vorzubereiten für das zweite! Da
sah man die kaiserlichen Farben wieder, welche die Herzen ent-
zündeten; das kaiserliche Wappen, das „R" mit der Krone, die
kaiserlichen Bienen und die kaiserlichen Adler! Pserde in kaiser-
lichem Geschirr zogen den Trauerwagen, welcher bedeckt war
mit dem kaiserlichen Violett; Kutscher in den kaiserlichen Livreen
führten die Pferde, — unter den alten Röcken der Jnvaliden
klopfien noch einmal die Herzen hoch auf, aus ihren Gräbern
erhoben sich die Marschälle — und Bertrand lebte noch! Es
war ein Triumphzug, wie ihn der mit allen Lorbern Euro-
pas gekrönte Sieger niemals stolzer erlebt — als er einzog,
zwanzig Jahre nach seinem Tode, am 15. Dec. 1840, in
seinem Sarge, wis man ihn bei der Oeffnung seines Grabes
auf der Felseninsel gefunden: die Züge seines Gesichts fast
noch unverändert, die Hände weiß und fein und außerordent-
lich schön, und sein Costüm das alte, wohlbekannte, dessen
Farben nur wenig gelitten. So zog er in Frankreich ein, ein
Todter, aber dennoch sein wahrer Herrscher, sein Kaiser, und
trotz allem, was er gethan, der Abgott seines Volks, — und
überall ward gerufen: „Vivs I'blrnxorenr!" — und überall auf
seinem Wege kamen die Bauern herbei und knieten und wein-
ten und beteten an seinem Sarge...

Manch einen Jrrthum hat Ludwig Philipp, dieser gute,
schwache Mann, begangen, manch ein fehlerhaftes Wort ge-
sprochen: aber keins, das verhängnißvoller für ihn werden sollte
als dieses, welches er am 15. Dec. 1840 sprach, indem
er in der Jnvalidenkirche auf die Anrede seines Sohnes Join-
ville: „Sire, ich bringe Jhnen Len Leichnam des Kaisers
Napoleon", erwiderte: „Jch empfange ihn im Namen Frank-
reichs."

Mtt diesen Worten bewillkommnete er, zwölf Jahre voraus,
das zweite Kaiserreich, welches über seine Dynastie hin zur
Tagesordnung ging.

Er ruht jetzt in der Verbannung, in fremder Erde, bei
Weybridge in England, da wo der Wey in die Themse fließt,
und Ler Sarg von rothem Granit, der Napoleon's Asche um-
 
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