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An den Marienaltar schließt eine Reihe von Madonnenbildern in Halbfigur an. Das älteste
und größte, ehemals im Breslauer Dom [244], geht im Typ der Maria noch auf Dürers Dres- Tafel 55
dener Altar zurück. Es gehört mit seinen vielen kostbaren Details und der überraschenden
Signatur - der Künstler hat seinen Siegelring auf der Brüstung liegend gemalt - zu den Ge-
mälden, die, bald nach der niederländischen Reise entstanden, durch besondere Einfälle
glänzen. Spätere Fassungen in Lugano [245], bei Florenz (1514) [246], Karlsruhe [247], Köln
(1518) [248] und ehemals Glogau (1518) [249] kehren mehr die Eigenart Cranachs hervor. Tafel 106
Auffällig ist, daß bei dieser Gruppe privater Andachtsbilder [250] der Landschaftshintergrund
noch lange beibehalten wurde. Die Stimmung der Heiligen Familie von 1504, die zugleich noch
einmal mit dem Holzschnitt der Ruhe auf der Flucht im Engelreigen beschworen wurde [251],
klingt in diesen Jahren aus.

g HAUSSTAND UND GESCHÄFTE

Das Dunkel der Frühzeit reicht bis in Cranachs persönliche Verhältnisse der ersten Witten-
berger Jahre. Der Zeitpunkt der Verheiratung ist nicht bekannt, dies war normalerweise die
Voraussetzung für die Begründung einer Werkstatt. Auch das Geburtsjahr des ersten Kindes
aus der Ehe mit Barbara Brengbier ist nicht überliefert, und erst am Geburtstag des zweiten
Sohnes Lucas, dem 4.Oktober 1515, gewinnen die Überlegungen Halt.

Die günstige Stellung als Hofmaler hätte Cranach sicherlich bald eine feste Niederlassung
ermöglichen können. In Coburg gehörte ihm vor dem Jahre 1511 wohl ein Stockwerk des
Hauses Kirchgasse 2-4 am Marktplatz. [252] In Wittenberg war er 1510 noch nicht Haus-
besitzer. Im Verzeichnis der Steuern zur Verstärkung der Stadtbefestigung erscheint < Lucas
moler > auf der letzten Seite mit vier anderen Namen, als ob diese fünf Parteien zusammen ein
Haus bewohnt hätten. Nach einer Erwähnung im gleichen Rechnungsbuch von 1510 hatte
Cranach drei Wagen Ziegelsteine gekauft, vermutlich schon im Hinblick auf einen beabsich-
tigten Hausbau. Dieses Baues wegen war der Maler 1513-1517, fünf Jahre lang, von den Ab-
gaben für das stattliche Eckhaus am Markt, Schloßstraße 1, befreit. Der Ratsherr Caspar
Teuschel, der als Vorbesitzer die gleiche übliche Steuervergünstigung seit 1506 gehabt hatte,
war wohl an dem Umfang des Baues gescheitert. [253] Dieses nach Lage und Größe hervor-
ragende Grundstück war Cranachs Hauptbesitz, der Sohn Lucas erbte es später, und von Seite 417
seiner Witwe gelangte es 1607 im Erbgang an den Theologen Polycarp Leyser. [254]

Das Datum der Erwerbung dieses stattlichen Hauses ist nicht genau festzustellen. Im Rech-
nungsbuch von 1513 ist Cranach sogleich als zweifacher Hausbesitzer ausgewiesen, auch ein
Garten gehörte ihm. Das zweite Haus war vorher wohl im Besitz eines Blasius Welmss(d)orff;
Cranach scheint es anfangs vermietet zu haben. [255] Es war vermutlich das Grundstück
Marktplatz Nr. 3. Das dritte große Grundstück, das Lucas Cranach erwarb, Markt Nr. 4,
beherbergte die von Martin Polich von Mellrichstadt, dem Leibarzt Kurfürst Friedrichs und
ersten Rektor der Universität, begründete Apotheke, deren Vorrechte Cranach 1520 verbrieft
erhielt. Außerdem gehörten dem Künstler weitere zwei Häuser und ein Stück Land bei
Rothemark, westlich der Stadt. Sein Grundbesitz war im Jahre 1528 nach eigener Schätzung
auf über viertausend Gulden angewachsen, womit er nach dem kurfürstlichen Kanzler Gregor
Brück der reichste Bürger war. Diese Angabe ist zu anderen Zahlen nur vorsichtig in
Beziehung zu setzen, da die Grundlagen der Berechnungen nicht bekannt sind. Albrecht

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