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Schlosser, Julius von
Die Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance: ein Beitrag zur Geschichte des Sammelwesens — Monographien des Kunstgewerbes, Band 11: Leipzig, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.6757#0010
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Fig. 1. Reliquien-Olifant, angeblich von Landgraf Albert III. von Habsburg
1199 dem Kloster Muri gespendet. (Wien, Hofmuseuiu.)

L Einleitung.

Vorgeschichte der Kunst- und Wunderkammern.

Wer es unternähme, eine Geschichte des Sammelwesens von seinen Ur-
sprüngen an und in allen seinen vielfachen Verästelungen und Aus-
wüchsen zu schreiben1) — und es wäre ein psychologisch wie kulturgeschichtlich
gleich interessantes Thema — dürfte vielleicht nicht verschmähen, zu der gazza
ladra und den mannigfaltigen und merkwürdigen Beobachtungen hinabzusteigen,
die man über Sammeltriebe innerhalb der Tierwelt gemacht haben will.
Neuere Untersuchungen, wie die von Karl Groos über die Spiele der Tiere
zeigen, daß hier mancher Aufschluß zu gewärtigen wäre. Aber daran kann
auf diesen wenigen Blättern unmöglich gedacht werden, wie denn auch nur
ein rascher Seitenblick auf das leichter zugängliche und an Weisern aller Art
reiche Gebiet der Psychologie des Kindes verstattet ist. Wir alle wissen hin-
länglich aus eigener, lächelnder Rückerinnerung, wie andringend und lebhaft
der Sammeltrieb des Kindes ist, wie er in Schule und Haus, zum Verdruß
von Lehrern und Eltern, sich zu steigern vermag. Der alte Montaigne,
vielleicht der hellblickendste Mensch seiner Zeit und zum mindesten seines
Landes, hat schon den Ausspruch getan, daß des Kindes Spiel seine ernst-
hafteste Tätigkeit sei: — „les jeux des enfants ne sont pas jeux, et les fault
juger en eulx comme leurs plus serieuses actions" Ess. I, 22. Der früher
genannte Psychologe2) hat in der Tat dieses Apercu auf breiter Basis ent-
wickelt, indem er das kindliche Spiel als die notwendige Vorbereitung und
Einübung zu dem, leider so wenig sdierzhaften Leben des Erwachsenen dar-
stellt. Eine Vorübung, aber zugleidi in ihrem heiteren Schweben auf den
Flügeln der Phantasie das Gebiet der Kunst streifend und überfliegend, wie
dies schon Schiller in seiner schönsten und gedankenvollsten philosophischen
Abhandlung, den „Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen"
behauptet hat. An dem allen muß hier vorbeigegangen werden; nur auf eines
wäre doch hinzuweisen, auf den engen Zusammenhang, in dem der Sammel-

v. Schlosser, Kunst- und Wunderkammern. 1
 
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