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Schlosser, Julius von
Die Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance: ein Beitrag zur Geschichte des Sammelwesens — Monographien des Kunstgewerbes, Band 11: Leipzig, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.6757#0090
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II. Die Kunst- und Wunderkammern.

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Müllers Entdecktem Staatskabinet (Jena, 1771, achte Eröffnung, S. 220 f.) ge-
druckte Reisediarium einer weimarischen Gesandtschaft nach Dresden im Jahre
1654. Die Kurfürstliche Kunstkammer wird darin ausführlich beschrieben, es
ist aber lauter Kuriositätenkram, der den wohlweisen Herren in die Äugen
sticht und von ihnen ästimiert wird, das übliche, allerdings gerade auch dort
besonders vertretene Durcheinander von Seltsamkeiten aus Natur und Kunst —
d. h. was man in diesem Milieu Kunst genannt hat, denn es fehlt auch die
kleinste Regung der Aufmerksamkeit auf eigentlich künstlerische Dinge, kaum
daß der Name Cranachs, als eines Landsmannes, und weil es sich um ein
paar Bildnisse handelt, so im Vorüber-
gehen laut wird.

Die Rudolfinische Kunstkammer war
in vier gewölbten Räumen des Prager
Schlosses sicher untergebracht; eine Reihe
von Kästen, siebenunddreißig an der Zahl
(im alten Inventar „Almare" geheißen) ent-
hielt die kleineren Gegenstände, während
eine lange Tafel in der Mitte die größeren
Stücke, als Kabinette, Uhren u. dgl. trug,
abgesehen von Truhen und Tischen, deren
Schubläden mit dem buntesten Kleinkram
vollgestopft waren. Auf den Kästen standen
Bildwerke alter und neuer Zeit, die Wände
waren mit seltenen Geweihen dekoriert, die
Gemälde aber hier, wie in den übrigen
Sälen und Zimmern, bis in des Kaisers
Schreibgemach selbst hinein, verteilt, ohne
eine eigentliche geordnete Galerie auszu-
machen. Vieles lehnte, wie man das auch
auf den Galeriebildern des Teniers sieht,
an den Wänden, stand auf dem Fuß-
boden umher. Eine Aufzählung im ein-
zelnen geht bei dieser Anordnung kaum
an; es mag nur einiges allgemeinere

hervorgehoben sein. Fast in allen Schränken fanden sich indianische Kurio-
sitäten, daneben altägyptische Fayencen, als Zeichen der damals schon ge-
weckten Vorliebe für solche Dinge, die sich von der Hieroglyphenspielerei
des XV. Jahrhunderts bis in die Empirezeit hinab spinnt, weiterhin selt-
same Naturalien, als „Donnersteine", zwei Schachteln mit Magneten und
eisernen Nägeln, „sollen von der archa Noe sein", Mißgeburten, ein Be-
hältnis mit Alraunwurzeln, „fünf indianische" (wohl westafrikanische) „helfen-
bei nene Jägerhörner" u. s. f. Stark vertreten sind Wachsbossierungen — waren
doch die in diesem Fache geschickten und berühmten Abondio, Vater und Sohn,
in Diensten Rudolfs - sowie künstliche Drechslerarbeiten; eine Anzahl von
solchen, die angeblich auf den Kaiser zurückgehen sollen, bewahrt heute die
dänische Sammlung im Prindsenpalais zu Kopenhagen. Dann folgen aber

v. Schlosser, Kunst- und Wunderkammern. ß

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Fig. 68.

Titelblatt aus Beutels Cedretum.
 
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