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Schmidt, Richard
Fakire und Fakirtum im alten und modernen Indien: Yoga-Lehre und Yoga-Praxis nach den indischen Originalquellen — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.2370#0010
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i. Kapitel.

Askese und Asketentum.

„Indien ist die Heimat des Eremitentums, der klassische
Boden der Askese", sagt Haberland, Der Altindische Geist,
285. „Was im Christentum nur als sanfte Mahnung, als abrupte
Forderung auftrat („Liebet eure Feinde", Matth. 5,44, „Das
Fleisch samt den Lüsten und Begierden zu kreuzigen", Gal. 5,24),
das war in Indien ein geschlossenes, das Ganze des Lebens eng-
umspannendes System von tief empfundenen Pflichten. Nie
und nirgends ist „die Kreuzigung des Fleisches", ist eigenes
Wehe so sehr zur Triebfeder menschlichen Handelns geworden,
als im indischen Leben, wo jeder Brahmana, ja jeder Arier im
Alter seine Familie verlassen sollte, um als Einsiedler im Walde
(vanaprastha) immer härteren Kasteiungen obzuliegen, und
gegen Ende seines Lebens, aller Erdenbande ledig, als Bettler
(samnyäsin, bhikshu) nur noch zu scheinen, aber eigentlich nicht
mehr zu sein; wo Scharen von Jünglingen und kraftvollen
Männern, lebenssatt, mitten im Genüsse des Daseins, oder ehe
sie noch gelebt, Besitz und Erdenglück dahinten ließen, um in
strenger Entsagung und Abwendung von allem, was dem natür-
lichen Menschen freundlich und wünschenswert erscheint, ein-
sam der Erlösung nachzutrachten; wo endlich eine wahre
Bravour der Selbstpeinigung sich in abenteuerlichster Weise ent-
faltete und selbst in dieser Verzerrung ein Gegenstand höchster
Bewunderung und Nacheiferung für die Menge wurde. Das Ver-
dienst der Askese war einmal in den Augen des indischen Volkes
ein alles überragendes; man glaubte die Büßer im Besitz über-
menschlicher Fähigkeiten; man versprach sich wunder wieviel

Schmidt. Fakire und Fakirtum. I
 
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