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Nürnberg.

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schriften gilt für den ordentlichen Rechtsgang Schriftlichkeich und zwar
stehen jeder Partei nor dem — offenbar in einen besonderen Proceßabschnitt
verwiesenen — Beweisverfahren regelmüßig nur zivei Schriften zu. Neue-
rungen in der zweiten Schrift sind zu vermeiden; jedenfalls soll der Be-
klagte in der Vernehmlassungsschrift das gesammte ihm zu Gebote stehende
Vertheidigungsmaterial vorbringen. Der Satz, daß beim Verzicht einer
Partei auf weiteres Verfahren auch die andere zu schließen habe, findet
sich schon hier, mithin früher als in den Reichsgesetzen.

Bemerkenswerth ist das Nngehorsanrsverfahren (V. 6 und 7). Bleibt
nämlich der Beklagte auf die dritte peremtorische Ladung zur Antwort aus,
so wird dem Kläger der erhobene Anspruch zuerkannt'. „dem Cleger nach
Jnnhalt seines spruchs. oder clag der Hauptsach vnd der gerichtscosten
vnd fcheden. deßhalb erlitten. vollung erkant. Vnd auff ablewtung
deßelben gerichts geschriben." Die Vollung führt alsbald zur Execution.
Zwar kann der Bcklagte vor Durchführung der Exeeution Ehehaften vor-
bringen, er wird dann zur Vertheidigung zugelassen. Nach vollzogener
Execution cessirt aber ein solches Recht des Beklagten. — Es wird also
der deutsche Contumacialgrundsntz aufrechterhalten.

Das Appellationsverfahren (X) ist gemeinrechtlich gestaltet. Dem
Untergericht steht anscheinend einc arbiträre Befugniß zur Verweigerung
der Appellation zu, wofern muthwillige Verzögerung anzunehmen ist. Daß
Neuerungen in der Oberinstanz zulüssig seien, wird nicht ausgesprochen.

Neben diesem ordentlichen Proeesse war jedoch auch für bestimmte
Sachen ein summarisches Verfahren in Nürnberg bekannt (V. 8). —

Die Ausgabe des Gesetzes vom Jnhre 1503 enthält im Abschnitt
über den Proeeß erhebliche Abänderungen. Während der ersten Reformation
das Artikelverfahren noch unbekannt war, ist nunmehr nach der Dar-
stellung des Rechtsganges mit je zwei Schriftsützen ein damit nicht recht
in Einklang zu bringender neuer Abschnitt (V. 5) eingeschoben, der den
Verlauf des ordentlichen Processes kurz skizzirt: es ist das romanisch-
eanonische Artikelverfahren mit .Inruiuaulum enluniuiaa „gemeß kunigk-
licher majestat ordnung". Die Bestimmungen geben mit ganz geringen
redactionellen Abweichungen die Tit. XIII, XIV und XV des Augs-
burger Reichsabschieds von 1500 wieder: für die peremtorischen Einreden
ist Cumulirung festgesetzt, ebenso im Vorverfahren für die dilntorischen.
Hier hat also die Kammergerichtsgesetzgebung Einfluß auf die Romanisirung
des Nürnberger Processes geübt. — Und noch ein anderer Punkt ist von
Bedeutung: die „Vollung" soll nach der Ausgabe von 1503 beim Aus-
bleiben des Beklagten nicht mehr schlechthin dem Kläger ertheilt werden,
sondern erst „auff anzaygung oder beweysung seiner klag vnd anspruchs
zu dem wenigsten mit seinem ayde" (V. 10).
 
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