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Kunsthistorische Bilderbogen: für den Gebrauch bei akademischen und öffentlichen Vorlesungen, sowie beim Unterricht in der Geschichte und Geschmackslehre an Gymnasien, Real- und höheren Töchterschulen zusammengestellt: Textbuch zu Seemann's kunsthistorischen Bilderbogen — Leipzig, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.1298#0183
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l85 IH- RenaiflTancefculptur.

III. DIE RENAISSANCESCULPTUR.

1. Frührenaissance oder Quattrocento.

Ein fcharfer Einfchnitt fcheidet, wenn wir dem Biographen der
italienifchen Künftler folgen, auf dem Gebiete der Plaftik die Re-
naiffance von der mittelalterlichen Kunftweife. Vafari erzählt aus-
führlich von dem Wettftreite, welchen 1401 die heften Künftler von
Florenz anftellten, als es galt, die zweite Thür des ftädtifchen Heilig-
ihums, des Baptifteriums, mit Bronzereliefs zu fchmücken. Als Probe-
bild war das Opfer Ifaaks auserfehen worden. Haben fich auch
nicht alle Probeflücke erhalten, fo wurden wenigftens die beiden
Arbeiten, zwifchen welchen den Richtern die Wahl fchwer fiel, vor
der Zerftörung gerettet. Sie find im Mufeo nazionale aufgeftelk
(No. 112, 1 u. 2) und entflammen den Händen Brunellesco's und
Lorenzo Ghiberti's (1378—'455), der aus der Concurrenz als Sie-
ger hervorging und vom J. 1403—1424 die Pfortenreliefs mit Dar-
ftellungen aus dem neuen Teftamente und den Bildern der Evan-
geliften und Kirchenväter (No. 111, 9; 113, 3) arbeitete. Ghiberti's
Bronzethüre, fowie die zahlreichen Statuen außen an Or San Mi-
chele find der augenfällige Wendepunkt in der Gefchichte der ita-
lienifchen Plaftik. Nicht die Anlehnung an die Antike ift das Neue,
was in diefelbe hineingebracht wird. Die Antike wird vorwiegend
im decorativen Beiwerke, zuweilen in Gewandmotiven nachgeahmt.
Epochemachend wirkt die unmittelbare und reiche Lebendigkeit in
der Schilderung. Sie fetzt genaues Naturftudium voraus, fie ver-
leiht den Köpfen und Geftalten ein porträtartiges Gepräge, fie geht
auf befonderen Ausdruck, verftändliche und richtige Bewegungen
los und fammelt gern die Einzelzüge zu einem gefchloffenen Cha-
rakter. Ueber die energifche Wiedergabe eines innerlich bewegten
Lebens tritt zuweilen die Anmuth und Schönheit der Erfcheinung
zurück. Doch zeigen die nackten Figuren, daß auch nach diefer
Seite hin der Sinn erfchloffen war. Dagegen hat bei Relief-
darfteilungen das Streben nach Naturnachahmung zu einer malc-
rifchen Auffaflung geführt, welcher die ganze Renaiflänceperiode
treu bleibt und wodurch die Renaiffanceplaftik am meiften von der
Antike abweicht. Bei der führenden Rolle, welche der Malerei fei1
der Einführung des Chriftenthums zufiel, war eine Annäherung an
diefelbe für die Sculptur unvermeidlich.

Wie in der Architektur, fo fleht auch in der Plaftik Floren«
im Mittelpunkte. Aus dem Kreife der Bildhauer, welche fich von
dem künftlerifchen Herkommen nicht völlig losfagen konnten, wie
Niccolo d'Arezzo (feit i388 thätig), Nanni di Banco (f I43')'
Bernardo di Piero Ciuffagni u. a. heben fich als bahnbrechende Mei-
 
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