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Kunsthistorische Bilderbogen: für den Gebrauch bei akademischen und öffentlichen Vorlesungen, sowie beim Unterricht in der Geschichte und Geschmackslehre an Gymnasien, Real- und höheren Töchterschulen zusammengestellt: Textbuch zu Seemann's kunsthistorischen Bilderbogen — Leipzig, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.1298#0185
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183 III. Die Renaiffancefculptur.

tonung des Faltenwurfes wurde der h. Markus behandelt, im Aus-
drucke das Ehrlich-Biedere trefflich hervorgehoben. In dem h.
Georg (No. 114, 1), deffen keck und feft gefpreizte Stellung viele
Nachahmer fand, gab Donatello das Bild felbftbewußter, frifcher
Kraft. Der „Zuccone", d. h. Kahlkopf, verfinntlicht das Streben
des Künftlers nach'individuellem, fprechendem Ausdruck. Es ifl
für Donatello überhaupt und die ganze Richtung der Sculptur im
fünfzehnten Jahrhundert bezeichnend, daß fo viele Heiligenflatuen
von feiner Hand offenkundige Porträts darftellen. Seine Kunft als
Idealbildner zeigte er in der Bronzefigur des Hirtenknaben David
im Mufeo nazionale, die feit der Antike zum erften Male wieder
die Aufgabe eines fchönen nackten Körpers glücklich löft. Wie fich
in Donatello's zahlreichen Statuen eine merkwürdige Mannigfaltig'
' keit der Auffaflung von der herbften und fchroffften Wiedergabe
der Wirklichkeit (die büßende Magdalene, der Wüftenprediger Jo-
hannes) bis zu würdevollen, gemeffenen, faft idealfchönen Geiialten
enthüllt, fo weifen auch feine Reliefbilder eine unendlich reiche
Scala der ftiliflifchen Behandlung auf.

Schwerlich eine eigenhändige Arbeit aber doch in Donatello's
Nähe entftanden ift die Reliefbüfte der h. Cäcilia (No. 113, 2). Die
Formen heben fich kaum merklich von der Grundfläche ab, fo
flach (stiacciato) find fie modellirt, fo fein aufgelegt. In fchroffem
Gegenfatze dazu erfcheinen die fingenden und tanzenden Knaben,
welche ehemals die Brüflung der Sängertribüne im Florentiner Dorne
fchmückten (Fragment No. 113, 5). Derb in den Formen, beinahe
völlig rund gearbeitet, athmen fie höchfle Lebensluft und er-
freuen durch die Wahrheit und Freiheit der Bewegungen. Ein
ähnliches Werk lieferte Donatello für die Außenkanzel am Dome
von Prato unter Mitwirkung Michelozzo's, der auch fonft bald m'1
Ghiberti, bald mit Donatello zufammenarbeitete. In den Kreis tie-
ferer Seelenftimmung führt uns das. Relief der Verkündigung
(No. 113, 6), aus der früheren Zeit des Künftlers, mit feiner pfycho-
logifcher Charakteriftik der fchüchternen Jungfrau und des demüthigen
Engels.

Donatello überragt durch Vielfeitigkeit des Wirkens und die
gewaltige Energie, mit welcher er an jede Aufgabe herantritt und
die Wahrheit und Natürlichkeit, den Realismus, in jeder Darftellung
betont, alle ZeitgenofTen. Er ift gleich tüchtig in Erz- und Marmor-
arbeit. Er wagt fich zuerft an größere Erzgruppen. Erfcheint auch
feine Judith mit dem Leichnam des Holofernes wenig gelungen, '"
bleibt doch bei der noch geringen Entwickelung der Gießerkunn
fein Muth zu loben. Das Reiterftandbild des Condottiere GatW-
melata (Erasmo de' Narni) in Padua. durch die lebendig individuelle
und doch monumental ruhige Auffaffung des Roffes und Reiters aus-
 
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