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Speer, Heino
Herrschaft und Legitimität: zeitgebundene Aspekte in Max Webers Herrschaftssoziologie (Teilw. zugl.: Bielefeld, Univ., Diss.) — Berlin, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.2606#0015
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Kapitel 1
Herrschaft
1. Max Webers Definition von Herrschaft
Der Begrifs der Herrschaft bildet einen der Zentralpunkte im so-
ziologischen System Max Webers. „Eine Wissenschaft, welche soziales
Handeln deutend verstehen ... will"1, muß Herrschaft als Phänomen
menschlichen Handelns bereits vom Quantitativen her beachten; Herr-
schaft begegnet überall: „Herrschaft in ihrem allgemeinsten, auf keinen
konkreten Inhalt bezogenen Begrisf ist eines der wichtigsten Elemente
des Gemeinschaftshandelns. Zwar zeigt nicht alles Gemeinschaftshan-
deln herrschaftliche Struktur. Wohl aber spielt Herrschaft bei den
meisten seiner Arten eine sehr erhebliche Rolle. ... Ausnahmslos alle
Gebiete des Gemeinschaftshandelns zeigen die tiefste Beeinssussung
durch Herrschaftsgebilde2." So wird verständlich, daß Max Weber einen
großen Teil seines Hauptwerkes „Wirtschaft und Gesellschaft" der
Herrschaftssoziologie gewidmet hat.
Macht und Herrschaft gehören zu den soziologischen Grundbegriffen,
die Max Weber zu Beginn seines Werkes definiert3. „Macht bedeutet
jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen
auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese
Chance beruht. ... Der Begriff Macht ist soziologisch amorph. Alle
denkbaren Qualitäten eines Menschen und alle denkbaren Konstella-

1 Wirtschaft und Gesellschaft, S. 1. Das Werk wird stets zitiert nach der
Ausgabe: Grundriß der Sozialökonomik, III. Abteilung, Wirtschaft und Ge-
sellschaft, bearbeitet von Max Weber, Tübingen 1922, und im folgenden
abgekürzt: WuG. mit Seitenangabe. Soweit der revidierte Text der von
Johannes Winckelmann besorgten fünften Auflage, Tübingen 1972, benutzt
ist, wird dies vermerkt.
2 WuG., S. 603.
3 Die hier entwickelten Definitionen werden freilich im Verlauf des Werkes
ständig wiederaufgenommen, verändert und neu gesormt. Man wird daher
nur in den seltensten Fällen den durchgehenden Gebrauch einer bestimmten
Desinition feststellen können. Wenn in dieser Arbeit dennoch manchmal eine
Definition gegen die andere ausgespielt wird, so handelt es sich dabei ledig-
lich um ein heuristisches Prinzip, das einen ersten Zugang zu den Prämissen
des Weberschen Werkes bahnen soll. Angesichts der Wissenschaftstheorie
Max Webers, derzufolge seine Begriffe und Kategorien nominaler Natur sind
und die Wirklichkeit weniger erfassen als erfaßbar machen und sie gestaltend
ordnen, erscheint dies auch gerechtfertigt.
 
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