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IV.

Das Münster als Begräbnisstätte und seine Grabinschriften.

Vori Jos. M. B. Clauss.

I.

Frühzeitig findet sich die Sitte bei den
Christen, hervorragende Männer nach ihrem
Tode in den Kirchen zu bestatten. Es kann
hier nicht auf die Ursache und genetische
Entwickelung dieses Brauches eingegangen
werden. Auch in Strassburg begrub man
schon im romanischen Dom. Als älteste
Begräbnisstätte wird in den Quellen der
Platz ante altare S. Laurentii erwähnt, also
die Kapelle des hl. Laurentius, die schon
damals Stadtpfarre war und wohl ungefähr
an der nämlichen Stelle wie heute lag.

Der erste, dem diese Ehre zu Teil wurde,
war Graf Egino der Ältere von Achalm
(bei Reutlingen in Württ.) zwischen ro3o
und io3<3. Der Grund dafür ist wohl in den
engen Beziehungen des Schwabenlandes mit
dem Bistum Strassburg zu suchen. Das
Domkapitel war schon damals überwiegend
mit den Söhnen schwäbischer Herren-
geschlechter besetzt. Vielleicht stand er, ob-
wohl kinderlos, mit einem der Kanoniker in
uns unbekanntem verwandschaftlichem Ver-
hältnis.

Kurz darauf fand der Sprössling eines
anderen edlen Geschlechtes an demselben
Platz seine Ruhestätte: Graf Otto, Sohn

Radbotos, des Ahnherrn der Habsburger und
Neffe des Strassburger Bischofs Wernher I.
Er war am 28. Juni 1046 in einer Fehde der
Nachbarschaft umgekommen *. Neben Egino
wurden später (zwischen io53 — 79) noch
mehrere seiner Verwandten begraben :
Adelheid von Wülflingen (im Thurgau),
die Schwester des Domherrn Hunfrid,
späteren Erzbischofs von Ravenna 1047,
f 23. August 1051, mit ihren Söhnen Egino,
Rudolf und Wernher. Sie war mit Rudolf
v. Achalm, dem Bruder Eginos, verheiratet,

1 Grandidier inedit 1 I. 510 nach den Acta
Murensia.

hatte um io53 auf die Herrschaft Embrach
K. Zürich, welche ihr Bruder dem Dom-
kapitel 1044 gegen den Willen seiner Ange-
hörigen geschenkt hatte, verzichtet und galt
so als Wohltäterin des Münsters. Das Zwi-
faltener Nekrolog verzeichnet sie zum
29. August: Adelheit comitissa, mater comitis
Liutoldi; ebenso ganz kurz das Wolfen-
bütteler Nekrolog des Domstifts: Adelheit

obiit. De Sela unicuique fratrum denar. i
quocumque loco sit, nach ihm noch kürzer
das Donauescbinger Nekrolog : Adelheit

obiit. Ihr Sohn Wernher (II.) war seit io65
Bischof von Strassburg. Er starb am
14. November 1079, allein sein Name fand
weder im Nekrolog des Domkapitels noch
in dem des Klosters Zwifalten, einer Stiftung
seiner Brüder Kuno und Liutold (1089), Auf-
nahme. Die Gründungsgeschichte des Klosters1
bezeichnet als Grund hierfür seine antipäpst-
liche, schismatische Haltung im Streit
zwischen Gregor VII. und Heinrich IV :
« Werinheri episcopi et Eginonis fratris sui
nomina in libris nostris non notavimus,
quoniam cum rege Heinrico communicaverunt
et m coniuratione contra Apostolicmn in fmem
usque perseveraverunt et m tali heu! scismate
perierunt». Grandidier bringt (1. c. 121 nach
Sulger, Annal. Zwifalt. [Augsb. 1698] S. 10)
eine gleichartige Inschrift, die ihm erst 1671
in Zwifalten gesetzt wurde. Der Gründungs-
geschichte dieses Klosters verdanken wir
auch allein die Angabe über den Ort des
Begräbnisses : « Adelhait . . . Argentinae cum
Eginone atque Rudolfo in iuvenili aetate in
contiguis locis occiso, in ecclesia B. Mariae
ante altare S. Laurentii sepulta quiescit».

Von weiteren Begräbnissen innerhalb
des Münsters vor dem Ende des 12. Jahr-

1 Berthold. mon., Libell. de construct. Zwifalt.
bei Grand., Als. II b, nr. 524. Vgl. für die ganze
Angelegenheit Grand., ined.1 II. 85 ff.

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