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Tiedemann, Friedrich
Anatomie und Bildungsgeschichte des Gehirns im Foetus des Menschen: nebst einer vergleichenden Darstellung des Hirnbaues in den Thieren — Nürnberg, 1816

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https://doi.org/10.11588/diglit.3253#0093
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Ansang des dritten Monats erblickt man an der durch die Einwirkung des Weingeists
konsistent gewordenen Substanz des Rückenmarks noch keine Fasern, sondern sie
erscheint unter dem Vergrösserungsglas wie aus kleinen Kügelchen gebildet. Erst zu
Ansang des vierten Monats lassen sich an seiner vorderen Fläche zarte Fasern er-
kennen, welche parallel neben einander liegen, und der Länge nach verlaufen. Die
Menge der Fasern nimmt allmählig nicht nur an der vorderen Fläche sondern auch
an den Seiten der beiden Rückenmarks-Stränge zu.
Das Rückenmark ist ein hohler, aus dünnen nach hinten gebogenen Wänden
gebildeter und an seiner hinteren Fläche offener Cylinder, denn es enthält sowohl im
Embryo als im Fötus eine Höhle, einen Kanal, welchen man den Rückenmarks-
Kanal nennt. Dieser Kanal erstreckt sich der ganzen Länge nach durchs Rückenmark,
und setzt sich durch den Calamus scriptoriüs mit der vierten Hirnhöhle in Verbindung,
•welche genau genommen nichts anders als eine erweiterte Stelie des Kanals ist. Die
dünnen nach hinten und innen umgeschlagenen Wände des Rückenmarks lassen sich
in der früheren Zeit von der hinteren Spalte aus ganz nach den Seiten auseinander
schlagen, wodurch der Kanal ossen zu Tage gelegt werden kann. Da wo das Rücken-
mark von attssen breiter erscheint, wie an den Ursprungsstellen der Arm- und Sehen-
Seinerven' ist auch der Kanal etwas erweitert. Der Rückenmarks-Kanal wird wohl
dadurch gebildet, dass die Gesässhaut, so wie sie an Grösse zunimmt, sich von hinten
der Länge nach zusammenfaltet und in die Anfangs ssüssige Rückenmarks-Substanz'
einsenkt. Der Kanal ist offenbar in der früheren Zeit, im zweiten, dritten und
vierten Monat im Verhältniss zur Dicke der Wände des Rückenmarks grösser als
späterhin. Die Verengerung des Kanals bei der fortschreitenden Bildung geschieht
dadurch, dass die Gefässhaut In den Kanal eine weiche Substanz aus ihrem Blute ab-
gesetzt oder secernirt, welche die Wände des Rückenmarks verstäikt und verdickt,
den Kanal aber verengert. Diese hier abgesetzte Substanz hat in den beiden letzten
-Monaten ein weiches röthliches Ansehen und ist mit vielen Gefässchen durchzogen.
Es erleidet daher keinen Zweifel, dass die graue Substanz des Rückenmarks erst in
der letzten Zeit auf die zuerst gebildete, äussere faserige Marksubstanz von inner»
abgesetzt und gleichsam ausgetragen werde. Gall's Meinung, dass die graue Substanz
die zuerst gebildete sey, und dass sie die Ernährungs.- und Bildungs-Masse der, Ner-
ven (Matrix nervorum) darstelle, wie er sich ausdrückt, ist also für das Rückenmark
 
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