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Wilpert, Joseph [Hrsg.]
Die römischen Mosaiken und Malereien der kirchlichen Bauten vom IV. bis XIII. Jahrhundert (Band 2): Text: 2. Hälfte — Freiburg i.Br., 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.1404#0410
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Zweites Kapitel.

Darstellungen Christi, Maria, der Engel, Johannes' des Täufers,
der Apostel und der Evangelisten.

uf den bisher besprochenen Darstellungen treten uns einige Persönlichkeiten außer-
ordentlich häufig entgegen. Wir müssen sie deshalb hier noch eigens behandeln, um
ihre gemeinsamen Züge wie auch ihre Eigentümlichkeiten hervorheben zu können. Dadurch
werden wir den Weg für die allerletzten Betrachtungen über die Anfänge und die Ent-
wicklung der christlichen Monumentalkunst besser anbahnen. Diese Persönlichkeiten sind
der Erlöser, Maria, die Engel, Johannes der Täufer, die Apostel und die Evangelisten. In
dem Abschnitt über Maria werden auch die wenigen auf den Apokryphen beruhenden
Darstellungen der Eltern der heiligen Jungfrau zur Besprechung gelangen.

§ 1. Christus.

Auf dem ältesten Monument, das uns die christliche Kunst überliefert hat, nämlich auf
den noch aus dem 1. Jahrhundert stammenden Malereien einer Krypta der Domitilla-Kata-
kombe, erscheint Christus als Guter Hirt, natürlich in der Tracht, welche die Hirten trugen
und die man ihnen auch in der klassischen Kunst zu geben pflegte'. Wie bekannt, erfreute
sich diese Darstellungsform an den Gräbern und in der Sarkophagskulptur einer solchen
Beliebtheit, daß sie noch in der monumentalen Kunst eine Zeit lang fortgesetzt wurde. Ein
beachtenswertes Beispiel besitzt das Mausoleum der Galla Placidia in Ravenna aus der ersten
Hälfte des 5. Jahrhunderts (Taf. 48). Wir haben da allerdings nicht mehr den spontan jugend-
frischen Guten Hirten der Katakomben vor uns, sondern eine Gestalt, der man überall die
Reflexion anmerkt: statt des Stabes trägt der Hirt das goldene, also das Triumphalkreuz
in der Hand, um anzudeuten, daß er die Herde fortan mit dem Kreuz regieren wird. Hierin
kann man den Künstler nur loben. Die Gewandung aber, die er dem Hirten gab, ist
höchst unzeitgemäß und unpraktisch. Man weidet nicht in einer golddurchwirkten Tunika,
welche dazu noch zu lang ist, daher am Ausschreiten hindert. Die den ganzen oberen Fuß
unbedeckt lassenden Sandalen sind ebenfalls wenig geeignet, um über Stock und Stein
zu springen, wie das Hirtenleben in einem felsigen Landstrich es mit sich bringt. Die Wahl
dieser Gewänder wurde offenbar durch die Tatsache, daß das Mosaik ein kaiserliches Mau-
soleum zu schmücken hatte, beeinflußt.

1 Wilpert, Katakombenmalereien Taff. 9 11.
 
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