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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 25.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.6608#0054
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Karl Kloß war, solange er lebte, der Samm-
ler und Organisator der deutschen Solzarbeiter,
die er mit gleicher Liebe besorgte und hütete,
als wären sie alle seine eigenen Kinder gewesen.
Noch den letzten Lebensgang hat er ihnen
gewidmet, der Ausgabe, sie aufzuklären und
anzufeuern zu rastloser Arbeit für den Ausbau
ihres Verbandes. And wie verstand er es, diese
Aufgabe zu erfüllen! Wenn er, der Grau-
haarige, sagte, daß ein jeder, der die Frage
heute gleichgültig behandle, sich eines Tages von
seinen Kindern vor die Frage gestellt sehen
würde, ob er auch mit dabei war, als die
Väter in der Organisation für Verbesserung
der Verhältnisse gekämpft und das Fundament
für das Gebäude der Zukunft gelegt habe», da
empfand jeder, daß keine leere, rhetorische Wen-
dung gebraucht, sondern aus innerstem Serzen
ein aufrichtiges Glaubensbekenntnis abgelegt
worden war.

Von seinenr letzten Gang, mit dem er seine
Arbeit schloß, sollte er nicht lebend in sein
Sehn zurückkehren. Der erst Sechzigjährige
erlag am II. Februar im Krankenhaus zu
Samburg einem Anfall der Krankheit, die ihn
schon seit einer Reihe von Jahren quälte und
schwächte. Man verbrachte seine körperliche
Sülle nach Stuttgart, das ihm zur zweiten
Seimat geworden war.

Die einzelnen Phasen seiner Laufbahn hier
zu schildern, ist nicht möglich. Von dem Ver-
trauen seiner Berufskollegen emporgetragen,
erwarb er sich durch seinen lauteren Charakter,
durch sein offenes, aber dennoch niemals ver-

Lanswurst.

BlockkarnevalsNed von Secundus.

Seht ihn dort im Lappenkleide,

Mit der Kappe, mit den Schellen,

Seinen Narrenkolben schwingen,

Sört die Stimme lärmend gellen.

Seut noch macht er feine Sprünge,

Seut noch schlägt er Purzelbäume;
Morgen liegt er matt und elend.

Sind vorbei die lust'gen Träume —
Aschermittwoch!

Seht ihn, wie er ausgelassen
Jetzt sich dreht im wilden Neigen,

Wie er hüpft und springt im tollen
Wirbelton zum Takt der Geigen.

Eins, zwei, drei — er wirst die Beine,
Eins, zwei, drei - er krümmt den Rücke»;
Morgen wird er nicht mehr tanzen,
Morgen tastet er nach Krücken —
Aschermittwoch!

Seht ihn krumm und knickebeinig
Am den Kreuzesritter schwänzeln.

Seht ihn um die Gunst des Büttels
Eifrig betteln und scharwenzeln.

Seht ihn dort den Schweinezüchter
Voll Beflissenheit umwerben;

Morgen kühlt er sich die Beulen
And es ist ihm weh zum Sterben —
Aschermittwoch!

Seht, wie er den Moloch füttert
And dem Nimmersatten Nachen
Alles opfert, was er findet.

Am sich angenehm zu machen;

Molochs Serr ist ja gar mächtig,

Molochs Serr hat's so geboten;

Morgen wird der Sanswurst stöhnen
Über die verbrannten Pfoten —
Aschermittwoch!

Karl Kloß f

letzendes Auftreten die Achtung und Anhäng-
lichkeit weiter Kreise der Bevölkerung. And
wie der Deutsche Solzarbeiterverband, den er
1884 begründete, unter seiner kundigen Sand

von 4152 Mitgliedern am Ende des Jahres
auf nunmehr 150000 Mitglieder angewachsen
ist, so gedieh auch die sozialdemokratische Be-
wegung im Bundesstaat Württemberg sicht-
lich unter dem Schilde seines Namens. Im

Jahre 1890 wurde von der Partei der einfache
„Schreiner Karl Kloß" als der Vertrauens-
würdigste von allen dem millionenschweren und
alteingesessenen Nationalliberalen Siegle bei
der Reichstagswahl entgegengestellt, und wenn
er den Gegner auch nicht zu schlagen vermochte,
so brachte er ihm doch die moralische Nieder-
lage bei, mit dem bisher so gering eingeschätz-
ten armen Proletarier in der Stichwahl noch-
mals um das Mandat ringen zu müssen, das
er im Jahre 1898 dann endgültig an die Sozial-
demokratie abtreten mußte.

Im Jahre 1891 wurde Kloß dann in den
Bürgerausschuß von Stuttgart gewählt, von
dem er 1896 in den Gemeinderat, die engere
städtischeVerwaltung,übertrat. ImIahreI895
gewann er den Nationalliberalen auch das
Mandat für Stuttgart zum wllrttembergischen
Landtag ab.

In ergreifender Weise kamen die Gefühle,
die er bei der Bevölkerung erweckt hatte,
bei seinem Leichenbegängnis zum Ausdruck.
Außer den Unzähligen aus dem Kreise derPartei
und Gewerkschaften, die seinem Sarge folgten,
traten auch der Präsident des württember-
gischen Landtags, v. Payer, und der Ober-
bürgermeister von Stuttgart, v. Gauß, an seine
Bahre, um in zutreffender Weise anzuerkennen,
welche große Bedeutung er für die Entwick-
lung des öffentlichen Lebens in Württemberg
und im besonderen der dortigen sozialdemo-
kratischen Bewegung gehabt hat.

In zahllosen Arbeiterherzen wird sein An-
denken fortleben und hochgehalten werden. B.s.

Kehraus! And der erste Geiger
Legt den Fiedelbogen nieder.

Schleicht durch eine Sintertüre,

Schleicht davon und kommt nicht wieder;
Seine holden Wangengrllbchen
And sein glattgeölter Scheitel,

Morgen sieht sie Sanswurst nimmer:
Alles auf der Welt ist eitel! —
Aschermittwoch!

Seht ihn dort im Lappenkleide;
Sanswurst schleicht geprellt nach Sause;
Durste wohl den Narren machen.

Doch man lud ihn nicht zum Schmause.
Sanswurst, liberaler Sanswurst,
Kläglichster der Fastnachtsgecken,

Einen Tritt noch aus den Sintern,

And dann magst du still verrecken —
Aschermittwoch!

letzte ölitzürahmachrichlen.

Essen. Die £irma Krupp hat eine neue A)ohlfahrts-
einrichtung geschaffen. Ls wird den schon über 70 Iahre
alten Arbeitern in Zukunft ein fünftel des Lohnes ab-
gezogen werden, um ihnen für den Fall, daß sie noch
Familienzuwachs bekommen, aus diesen Mitteln daun
eine Unterstützung gewähren zu können. Dieser „Säng-
lingsfonds" erfreut sich bereits derselben Beliebtheit wie
der bestehende pensionsfonds.

Mecklenburg. Linem Schullehrer wurde von seiner
Vorgesetzten Behörde durch Gutachten bescheinigt, daß er
berechtigt sei, die Klasse während des Unterrichts zu
verlassen, um draußen einen Schweinehandel abzu-
schließen. — Um die aus solcher Unterbrechung immer-
hin entstehenden Nißstände gänzlich zu vermeiden, ist
angeordnet worden, daß der Unterricht gleich im Schweine-
stall selber stattfindet.

Belgrad. Die ganze Stadt atmet erleichtert auf, da
sich der serbische Kronprinz doch entschlossen hat, seine
Apanage anzunehmeu. Die Gefahr, daß sein böses Bei-
spiel auf andere tzürstenhöse einwirken und dort eben-
falls zum Verzicht auf die Zivilliste führen könnte, ist
dadurch glücklicherweise beseitigt worden.
 
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