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— 9212

Nun hat mir armem Waisenknaben
Hud) (Er den Rücken zugedreht,

Der salbungsvolle fromme Bruder
Und Muster der Neutralität!

Der stets die richtige Mitte haltend
Den Nnstoß links und rechts vermied,
Mit Morten seinem Herrgott diente,
Mit Werken aber dem Profit.

Mignon.

Der römische Gemeinderat hat die Entfernung des Goethe-
Denkmals aus der Villa Borghese beschlossen.

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
3m dunklen Laub die Stahlgranaten glühn,
Der Pulverrauch am blauen Himmel weht.
Ein Thrönchen wacklig auf vier Beinen steht?
Kennst du es wohl?

Dahin, dahin

Berirr dich nicht, denn niemand ist dir grün.

Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,
Und ein Gemeinderat schlägt darin Krach)
Ein Marmorbildnis steht und sieht ihn an:
Was Hab' ich dir, du Wüterich, getan?

Kennst du es wohl?

Dahin, dahin

Geht voller Mitleid der Vandalen Sinn.

Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Cadorna sucht im Nebel seinen Weg)

3m Rathaus tobt der Torheit blinde Brut,
Und Goethe denkt: Was habt ihr Kerls für Mut!
Kennst du sie wohl?

Dahin, dahin

Wirst du einst feldgrau als Besucher ziehn.

_ ___ _ Pec.

Feldpostbriefe.

LXVI.

Geliebte Eltern! Ihr klagt über den schlim-
men Winter, der dieses Jahr eine so heftige
Witterung hat, daß die ältesten Leute sich
nicht mehr an eine solche erinnern können.
Wir haben hier auch Winter und Witterung
und alles mögliche, aber selbst die ältesten
Landsturmjahrgänge fehlt es an die Zeit, sich
mit Erinnerungen zu beschäftigen. Sie müssen
sich nach der Decke strecken und sind froh,
wenn sie zwei von die Sorte haben. Man
muß das Thermometer eben nehmen, wie es
fällt. Und wenn es an Heizmaterial mangelt,
so muß man sich Bewegung machen, damit
man auf körperliche Weise warm wird. Auch
wir kriegten, nachdem wir länger als vier-
zehn Tage auf dieselbe Stelle gelegen hatten,
kalte Füße — aber da wurde gleich der Be-
fehl zum Vorniarsch gegeben.

Die ganze Gegend war mit Schnee bedeckt,
der stellenweise so hoch lag, daß man bis unter
die Nase darin versank. Das war besonders
für die Patrouillen sehr bequem, indem daß

GiL WilsON.

von michel.

Der das Prinzip des Völkerfriedens
verkündet furchtlos, kühn und stolz,
Indes zu Bethlehem der Ofen
Den Stahl für Feuerschlünde schmolz.

Der, seine Gaben weise wägend,
vom streng gerechten Richterthron
Uns tugendhafte Noten sandte,

Den andern aber Munition. -

sie ohne weitere dienstliche Bemühungen ganz
von alleine in das Gelände verschwanden und
dem Feinde unkenntlich - wurden. Diejenigen
aber, deren Quadratlatschen überhielten, krieg-
ten weiße Schneehemden anzuziehen, ivodurch
dasselbe Resultat erzielt ivurde. In eine trau-
rige Lage befanden sich bloß die Ulanen, die
unsere Brigade zum Aufklärungsdienst zu-
geteilt waren und von die obigen Verschwin-
dungskünste keinen Gebrauch machen konnten.
Aber ihnen begünstigte die gütige Mutter
Natur wieder auf andere Weise, indem daß
die rumänische Landbevölkerung sie nämlich
egal für Kosaken hielt und ihre Begeisterung
darüber durch umfangreiche Eß- und Trink-
waren Ausdruck gab. Die Ulanen verschlangen
diese Annehmlichkeiten und stellten sich dann
nrit bestem Dank als „Germanskis" vor, was
bei die geneppten Wohltäter jedesmal eine
heftige patriotische Enttäuschung hervorief.

In der erste» Zeit unseres Vormarsches gab
es starke Kämpfe, namentlich von seiten der
Artillerie. Die feindliche, die ja von die ganze
Welt mit Munition versorgt wird, brauchte
nicht zu sparen und verfuhr nach dem Grund-
satz: „Die Masse muß es bringen!" Sie funkte
ohne Luftholen egal weg und zerschoß die
ganze Atmospäre in hundert Kilometer Ilm-
kreis. Sonstigen Schaden richtete sie wenig an.
Unser Prinzip war: „Wenig, aber herzlich,"
und wir kamen auf diese bescheidene Weise
regelmäßig an unser Ziel.

In wenigen Tage» befanden wir uns dann
in die paradiesische Gegend der verstopften
Eisenbahnen. Damit Ihr verstehen könnt, was
dieses bedeutet, muß ich Euch darüber in-
struieren, daß man einen zielbewußien Rückzug
des Feindes stets an drei Etappen erkennen
kann. Zuerst kommt nämlich die Zone der ver-
lorenen Stahlhelme und überflüssigen Gepäck-
stücke. Das muß alles aufgelesen werden und
macht bloß Arbeit und dreckige Finger ohne das
geringste Vergnügen, geschweige denn etwas
Genießbares. Dann folgt die Gegend der im
Dreck stecken gebliebenen Autos, wo besonders
die Herren vom Generalstab ihre Wollust dran
haben, weil da meistens allerhand wissenswerte
Karten und Schriftstücke gefunden werde». Den
Schluß aber macht die Etappe der feindlichen
Eisenbahnzüge, die wegen Verstopfung nicht
weiter können. Und hier findet auch der ge-
meine Krieger etwas für sein Gemüt, indem

Es tut mir leid, daß eines Volkes .
Langjährige Freundschaft ich verlor,
Das leider einst in schwacher Stunde
Zu seinem Haupte Ihn erkor.

Ich aber seh' Ihn klaglos scheiden:
Denn allenthalben, wie mir scheint,
Ist selbst der rüpelhaftste Gegner
Noch besser als ein falscher Freund.

daß sich stets mehrere nahrhafte Proviant-
wagen darunter befinden, die dann sofort in
die siegreichen Kochgeschirre wandern.

Nachdem wir auf diese Weise unsere stra-
tegische Aufgabe erfüllt hatten, fand auch in
die Statur ein plötzlicher Witterungsumschlag
statt und mit deni Schnee war es Essig. Die
Patrouillen mußten ihre weißen Hemden ab-
legen und sich auf andere Weise unkenntlich
zu machen versuchen. Und dies war auch nicht
sehr schwer, denn in die hier herrschende
Lehmpampe ist man schon nach halbstündigem
Marsche über und über voll Gelände und
braucht sich keine Mühe mehr geben, daß man
darin verschwindet. So ertragen wir hier die
sämtlichen Witterungen ohne Murren und
suchen aus jeden Barometerstand Honig zu
sauge».

Indem ich Euch, geliebte Eltern, dasselbe
wünsche, grüße ich Euch herzlichst als Euer
dankbarer Sohn

August Säge jun.. Garde-Grenadier.

Nachschrift. Eben lese ich in die Zeitung,
daß es jetzt in Berlin so sehr wohlschmeckende
Leberwurst aus Kohlrüben geben soll. Da ich
schon sehr lange keine Leberwurst und auch
keine Kohlrüben nicht gegessen habe, so würde
ich mir über eine baldige Sendung sehr freuen.

Kleine Bekenntnisse
eines großen Amerikaners.

Alle Welt redet von Hindenburg und von
Mackensen. Soll da für mich nicht auch ein
Blatt in der Weltgeschichte sein?

Ich wußte von vornherein, daß meine Note
auf schwachen Füßen stand. Aber ist ein
schwindsüchtiges Kind nicht besser als gar
keines? *

Die kämpfenden Nationen spielen mit dem
Völkerrecht. Warum sollte ich nicht mit der
Neutralität spielen?

Wenn zwischen Deutschland und Amerika
nicht so viel Wasser läge, würde ich gegen die
Zentralmächte vorsichtiger sein.

Warum soll ich's nicht mal mit dem Krieg
probieren? Der Nobelpreis ist sowieso futsch.

Etwas habe ich schon von der Entente ge-
lernt: ich komme immer zu spät. P. R.
 
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