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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 15.1921

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Drost, Willi: Über Wesensdeutung von Landschaftsbildern
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https://doi.org/10.11588/diglit.3623#0276
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VIII.

Über Wesensdeutung von Landschaftsbildern

gezeigt an der holländischen Landschaftsmalerei des

17. Jahrhunderts.

Von
Willy Drost.

Vorbereitend auf die Art der folgenden Betrachtung, die an dem
besonderen Gegenstände der holländischen Landschaftsmalerei im
17. Jahrhundert versucht werden soll, mögen am Eingange zwei Gesichts-
punkte hervorgehoben werden, die ständig wechseln, wenn wir uns
den Kunsterzeugnissen der Vergangenheit zuwenden und uns ihrer
begrifflich zu bemächtigen suchen. Unter dem einen sehen wir die
Objekte auf die Abweichungen hin an, unter dem anderen auf ihre
Gleichartigkeit. Hier kommen wir zu dem stetig fortschreitenden
Gange einer kontinuierlichen Entwicklung, indem wir die Objekte, wie
sie sich in steten Differenzierungen zeitlich folgen, koordinieren, dort
erhalten wir obere Gattungsbegriffe, zentralistische Punkte, von denen
eine Reihe von Erscheinungen nach vorwärts und rückwärts ausstrahlen.
Grundlage für beide Betrachtungsarten ist der lückenlose Zusammen-
hang in der Welt der Kunstprodukte. Es ist eine Ueberzeugung a priori
des Forschers, daß, wie die Natur keinen Sprung macht, auch in dieser
Kette kein Glied fehlen kann. Ragt ein Kunstwerk unvermittelt auf,
wie zum Beispiel der Genter Altar der Brüder van Eyck, so wird in
dem Bewußtsein nach den vermittelnden Gliedern gesucht, sie sind
vorhanden, man kennt sie nur nicht. Während aber der Gesichtspunkt
der Entwicklung die Versuchung mit sich bringt, ein Glied von dem
anderen herzuleiten und die Abweichung kausal zu erklären, muß es
sich der andere angelegen sein lassen, jene zentralistischen Punkte durch
einen inneren Sinnzusammenhang zu stützen. Begriffe wie das Roma-
nische, Gotische, die ja auch die entwicklungsgeschichtliche Betrachtung
annimmt, sind nur möglich durch die Konstituierung eines geistigen
Sinnzusammenhanges, dessen jeweilige Auffassung den Streit um die
historische Begrenzung erklärt. Wir erhalten Ideen, die sich aus dem
geschichtlichen Zusammenhange herauslösen und sub specie aeternitatis
 
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