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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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Beissel, Stephan: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0171

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265

1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

266

Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf.

VI.

(Mit 10 Abbildungen.)

18. Ein Missale aus Hildesheim und
die Anfänge der Armenbibel.

A.EinMissale aus
Hildesheim.

ruchtbar war die Thä-
tigkeit vieler kennt-
nifsreichen Männer,
als um das Jahr
1800 die Wirren der
französischen Revo-
lution so viele Kir-
chen und Klöster um
ihren Besitz brachten.
Sie retteten die ge-
fährdeten Schätze
des Alterthums in-
ner Missale zum Aern cip dipspllipn an.
Feste der Aufnahme Marias in den ucm ble U'cseiuen an-

Himmei. kauften und auf ihre

Verwandten vererbten oder beim Anbruch besse-
rer Zeiten wiederum den Kirchen überwiesen. So
hat Domherr Graf Christoph von Kesselstadt
eine Reihe mit Miniaturen verzierter Handschriften
in Hildesheim und Paderborn erworben, später
aber dem Dome zu Trier vermacht.1) Auch
der Domherr Freiherr von Fürstenberg kam
um jene Zeit zu Hildesheim in den Besitz eines
Mefsbuches, welches mit seiner Bibliothek Eigen-
thum des Grafen Fürstenberg-Stammheim wurde,
der die Güte hatte, es der Ausstellung anzuver-
trauen und dessen Veröffentlichung in d.Zeitschr.
zu gestatten. — Das werthvolle Elfenbein-
relief des Deckels hat Clemen in den Kunst-
denkmälern der Rheinprovinz, Kreis Mülheim
a. Rh. S. 146, veröffentlicht. Haseloff hatte dessen
Miniaturen bereits vor einigen Jahren photo-
graphirt. Es ist 285 mm hoch und 190 breit.
Der Text bietet zuerst den Kalender auf zwölf
Seiten, dann, mit dem Advente beginnend, jene
Psalmen und Lobgesänge (Cantica), welche
beim Introitus der einzelnen Sonntage und
Feste des Kirchenjahres zu singen waren. Sie
sind alle mit Noten versehen, darum für die
Geschichte der kirchlichen Musik werthvoll.
Ihnen folgen, mit Noten versehen, das Kyrie,
Gloria und andere Mefsgesänge, die Episteln und

J) Vergl. »Pastor bonus, Zeitschrift für kirchliche
Wissenschaft und Praxisc (1889) 557 f. »St. Bern-
wards-Blatt«, Hildesheim (1889) Nr. 3.

Evangelien, die Präfationen und der Kanon.
An letzteren schliefsen sich die Gebete für die
einzelnen Sonntage und Feste.

Die Illustration ist eine vierfache; denn
erstens stehen die Kalendermonate, das Gloria
und einige andere Gebete in einer durch Säulen
und Bogen gebildeten Umrahmung, zweitens
kommen zu vielen kleinern Initialen manche
gröfsere, drittens sind die Hauptfeste und der
Anfang des Kanon durch ganzseitige Miniaturen
hervorgehoben. Endlich besitzt die Handschrift
zwei ganzseitige Zierblätter.

Auf dem ersten Zierblatte stehen der Anfang der
Präfation:

Per omnia saecula u. s. w. und die gewöhnliche
Abkürzung für Vere dignum, in deren Mitte das Lamm
Gottes in einer Scheibe auf einem Kreuze dargestellt
ist. Den Rand zieren die Halbfiguren der Kardinal-
tugenden: oben schüttet die Mäfsigkeit Wasser in ein
Gefäfs, unten zeigt die Gerechtigkeit auf eine Waage,
rechts hält die Klugheit eine grofse Schlange, während
ihr gegenüber ein Ritter die Tapferkeit sinnbildet.

Auf der gegenüberliegenden Seite ist die Praefation
in Kapitalbuchstaben auf farbige Streifen geschrieben.
Ihr Kand ist mit zehn Brustbildern belebt. Oben
liest man um Christi Bild: Hoc facite in meam
eommemorationcm, Luk. 22, 19, unten beim Bilde der
Kirche: Opcratr.ini non cibum, qui perii, sed qui
•mattet. Joh. 6, 27. Rechts erscheint 1. der Sänger
introitus mit der Umschrift; Gloria Patri et Filio
et Spiritui saneto. Sicut erat. Unter ihm 2. der
celebrirende Bischof mit der Umschrift: Gloria in
excehis Deo et in terra pax hominilms, dann 3. der-
selbe Bischof mit der Umschrift: Sanctus, sanctus,
sanctus Dominus Deus Sabanth, pleni sunt etc. Das
i. Medaillon enthält das Brustbild eines assistirenden
Priesters. Links finden wir im 5. und 7. Medaillon
wiederum das Brustbild des Bischofs, im 6. und 8.
Medaillon endlich Brustbilder eines Subdiakons und
eines Diakons, welche dem Bischöfe bei der Messe
dienen. Das 4. bis 8. Brustbild blieb ohne Umschrift.

Die meisten der gröfsern In itialen stehen
in Beziehung zum Texte.

In der ersten, welche den Introituspsalm des ersten
Adventssonntages (A/i te levavi animam meam. Ps.
24, 1.) einleitet, sieht man im Rankenwerke ober
David mit seiner Harfe, in der Mitte rechts und links
je einen seiner Musiker. In der Mitte ersticht ein
Mann einen Drachen. Die erste grofse Initiale nach
dein Kanon beim Gebete zum ersten Adventssonntage
enthält das Brustbild eines betenden, mit der Mitra
bekleideten Praelaten, in den Ranken aber einen rothen
und einen braunen Drachen, einen Steinbock und eine
Schlange mit dem Haupte eines Weibes.
 
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