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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Bogner, Heinrich: Über die Emporen in christlichen Kirchen der ersten acht Jahrhunderte
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Braun, Joseph: Eine alte Kopie des Gnadenbildes in der Franziskanerkirche zu Werl
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0084

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117

1906.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

118

hier ursprünglich, ehe die Orgel im Osten da-
zwischen angebracht wurde, auch an der Chor-
seite nicht unterbrochen.

Nach Vorliegendem ist zur Genüge der Be-
weis erbracht, daß die Emporen oder Ober-
geschosse in vorkarolingischer Zeit den gottes-
dienstlichen Räumen weder im Morgenland4:l)
noch im Abendland gefehlt haben. Die Ge-
schlechtertrennung hatte man anfänglich damit
angestrebt, die Raumbeschaffung wurde damit
ohne weiteres erfreulicherweise erreicht und ein
weiterer Zweck, nämlich die Ständetren-
nung, konnte allenfalls damit verknüpft werden.

Dieser mehrfache Zweck der Emporen gab
Veranlassung, daß die Aachener Pfalzkapelle
von der Streitfrage über Doppelkapellen
berührt wurde. Simson hat eben in der Anlage
der dortigen Empore nichts anderes als eine
konsequentere Durchbildung des byzantinischen
Elementes der Galerien erblickt.44) Richtig
ist nun wohl, daß die Definition der Doppel-
kapelle von Weingärtner48) — „zwei über-
einander befindliche, kapellenartige Räume, von
denen der untere jederzeit massiger, schwerer
und gedrückter gehalten, weniger zierlich ge-
gliedert, weniger ausgeschmückt ist als der
obere, der in leichteren Verhältnissen freier und
höher aufsteigt" — im großen und ganzen

S. 87. — Vgl. auch »Zeitschr. d. Aach. Gesch.-V.«
VIII. Bd. (1886) S. 15.

43) Bei den Kirchen zu Derbe und Hierapolis
nimmt Hübsch (vgl. S. 83 PI. XXXV Fig. 5 bis 10;
keine oberen Geschosse (Emporen) an, da keine
Treppen zu finden waren.

41) Vgl. Weingärtner W., »System d. christl.
Turmbaues« (Göttingen 1860) S. 17.

45) Vgl. ebendas. S. 1.

für die Aachener Pfalzkapelle in Anspruch ge-
nommen werden darf. Trotzdem wird man sich
der Argumentation Simsons, der jene Kapelle
als Doppelkapelle behandelt wissen möchte,'16)
verschließen undWeingärtner beistimmen müssen,
welcher betont, daß der Unterschied zwischen
der 3—4 Fuß großen Öffnung der Doppel-
kapellen und dem freien Mittelraum des Aachener
Münsters — Breite des Oktogons von Pfeiler
zu Pfeiler 1-1,45 m — denn doch ein zu gewal-
tiger wäre.47) Dagegen hat Simson recht, wenn er
als Veranlassung zur Einrichtung des Aachener
wie überhaupt des in abendländischen Kirchen-
bauten vielfach vorkommenden Obergeschosses
die Ständetrennung bezeichnet. Dieses
diente in Aachen tatsächlich dem kaiserlichen
Hof, — Kaiser Karl der Große übte seine
Privatandacht in der kaiserlichen Loggia da-
neben aus — während das Untergeschoß, die
Unterkirche, dem damals nicht sehr zahlreichen
Volke eingeräumt war.48)

So war also durch die eine Bestimmung als
Grabkirche die zentrale Plananlage,49)
durch die andere als Hofkirche das Em-
porgeschoß oder die Oberkirche der
Aachener Pfalzkapelle bedingt.

Regensburg. Heinrich Bogner.

46) Vgl. ebendas. S. 17 (Simson, »Die Doppel,
kapeile zu Schwarz-Rheindorf« S. 47).

41) Vgl. Rhoen, »Die Kapelle d. karol. Pfalz
z. Aachen«, Zeitschr. d Aach. Gesch.-V. VIII. Bd.
(1886) S. 16.

*8) Vgl. Dehio u. v. Bezold S. 152; —
v. Reber, »Kunstgesch. d. Mittelalters« (Leipzig
1886) S. 192.

49) Vgl. »Die Bedeutung des Aachener Oktogons
als Zentralbau« vom Verfasser (»Aichiv für christl.
Kunst,« Nr. 1 und 2 1906 Ravensburg).

Eine alte Kopie des Gnadenbildes in der Franziskanerkirche zu Werl.

(Mit Abbildung.)
äln der Franziskanerkirche zu Werl i.VV

befindet sich eine als Gnadenbild
hochverehrte Muttergottesstatuette.
Maria sitzt auf einem mit hoher
Rücklehne und Seitenlehnen versehenen Thron-
sessel, dessen Untersatz vorn einen Halbkreis
bildet. Füße und Lehnen des Sessels be-
stehen aus runden, mit länglichen, flachrunden
Knäufen geschmückte Pfosten. Maria hat leicht
gewelltes Haar und trägt ein Oberkleid mit
lang herabfallenden Schleppärmeln. IhreVorder-

arme sind horizontal nach vorn ausgestreckt,
die Hände, deren Handflächen dem Beschauer
zugewandt sind, stehen senkrecht. In der
rechten Hand trägt Maria zwischen Daumen
und Zeigefinger einen Apfel. Um den Kopf-
durchlaß des Oberkleides zieht sich ein breiter
Besatz, der vorn eine kurze Strecke über die
Brust herabsteigt.

Das Jesuskind sitzt mitten auf dem Schöße
Marias. Es trägt ein bis zu den Füßen reichen-
des Röckchen und hat die Beine kreuzweise
 
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