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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Hasak, Max: Zur Geschichte der deutschen Bildwerke des XIII. Jahrh.
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0240

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369

1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUN.ST — Nr. 12.

370

Zur Geschichte der deutschen Bildwerke des XIII. Jahrh.

(Mit 4 Abbildungen.)

In meiner Geschichte der deutschen
Bildhauerkunst des XIII. Jahrh.1)
hatte ich die bis dahin mangeln-
den oder nach meiner Ansicht
nicht zutreffenden Zeitbestimmungen dadurch
zu ermitteln versucht, daß ich die Bildwerke
nach drei Gesichtspunkten aneinander reihte.
Zuvörderst ihrer Form nach. Dieses oder
jenes Bildwerk ist unverkennbar weiter vor-
geschritten in der Modellierung als das andere.
Wenn dabei auch häufig das Alter des Künstlers
und seine größere oder geringere Begabung
ein Voraneilen oder Zurückbleiben gegenüber
seinen Zeitgenossen mit sich bringen mag, so
wird doch im allgemeinen die Reihenfolge
der Bildwerke, wenn sie nach dem Gesichts-
punkte der sich vorwärts entwickelnden Kunst
geordnet werden, nicht viel von der Wirk-
lichkeit abweichen.

Zweitens hatte ich die wahrscheinliche
Entstehungszeit jedes Bildwerkes zu ergründen
versucht. Für Grabmäler erschien es mir
z. B. zunächst als das Einfachste, anzunehmen,
daß sie bald nach dem Tode des Betreffenden
hergestellt worden sind, nicht erst fünf oder
sieben Jahrzehnte später. Natürlich war ich
mir bewußt, daß viele Grabdenkmäler vor-
handen sind, die spätere Zeiten an Stelle
schadhalt gewordener Grabplatten in dank-
barer Erinnerung an den Stifter, Wohltäter
oder Vorfahren errichtet haben. — Ferner
ging ich von der Erwägung aus, daß das
Laubwerk der Kragsteine wie die Zierformen
der Baldachine der französischen gleichzeitigen
Kunst entlehnt sind, nicht derjenigen, die in
Frankreich schon seit 50 oder 70 Jahren ver-
lassen war. Lernte doch jeder Deutsche,
welcher nach Frankreich zog, um sich in der
Baukunst oder der Bildnerei zu vervollkomm-
nen, in den Künstlerwerkstätten die augen-
blicklich neueste französische Kunst.

Die so hergestellte Reihenfolge deckte sich
mit der zuerst erhaltenen.

Endlich gab es einige feste Punkte, welche
die Möglichkeit der Verschiebung der ganzen
Reihe nach dem XIV. Jahrh. hin einschränkte,
so besonders die Bildwerke des glorreichen
Straßburger Münsters. Die der Westansicht

') Hasak, »Geschichte der deutschen Bildhauer-
kunst im XIII. Jahrh.« (Berlin, 1899.)

wird man Erwin und seiner Zeit kaum ab-
spenstig machen wollen. Dasselbe Münster
besitzt aber am Südkreuz noch solche Bild-
werke, die einer viel früheren Entwicklung
angehören. Auch diese Grenzpunkte stimm-
ten mit den auf Grund der beiden anderen
Betrachtungsweisen gewonnenen Zeitbestim-
mungen überein; daher konnte der Mangel
urkundlicher Belege nicht allzusehr ins Ge-
wicht fallen.

Irgendwelche stichhaltigen Einwendungen
dagegen sind meines Wissens auch nicht er-
hoben worden.

Indessen habe ich bei dem Sammeln der
Urkunden und Belege für eine Geschichte der
deutschen Baukunst im Mittelalter hin und
wieder eine Bemerkung gefunden, die eine
Zeitbestimmung von Bildwerken ermöglichte.
Auch diese nachträglich gefundenen Belege
haben die früheren Aufstellungen bestätigt.
Einige dieser näheren Zeitbestimmungen seien
hier gegeben:

Die beiden ehernen Grabplatten, welche
jetzt im Umgang des Magdeburger Domes
aufgerichtet stehen, sind wahrscheinlich die der
beiden nacheinander regierenden Erzbischöfe
Friedrich (t 1162) und Wichmann (t 1192),
aus folgenden Gründen:

Auf der älteren Grabplatte liest man über
dem Haupte des Bischofs die Hexameter:
OCTA VA DECJMA FEBRUI REDEUNTE
KALENDA Q ÜEM DE US A SCIVIT PSUL
VENERAXDCS OBIVIT.

(Am Ift. Januar starb der verehrungswürdige
Bischof, welchen Gott aufnahm.)

Name und Jahreszahl fehlen. Aber am
selben Tage starb Erzbischof Friedrich:

»7/52. 18. KAL. FEBRUAR. OSIIT
ERWERK '['S JA 1GEDEBURGENSIS
ARL 'HIEPISCOPUS.«

So berichten die Magdeburger Annalen 2).

Die Art der Buchstaben wie die Gestalt
des Erzbischofs passen zu dieser Angabe gut.
Auch ist von keinem zweiten Magdeburger
Bischof jener Zeit bekannt, daß er an diesem
Tage gestorben ist. Die Zeitbestimmung
dieser Grabplatte, alsbald nach dem L5. Januar
1152 entstanden, dürfte daher ziemlich ein-

2) »Monumenta Germaniae historica.« Script. XVI.
S. 191. (Hannover, 1859.)


 
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