Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 67
Psalmi et commentum in psalmos
Pergament, Papier · 2, 101, 2 Bll. · 25,5–25,8 × 15,2–15,6 cm · wohl Worms · letztes Drittel 8. Jh., vor 793
- Schlagwörter (GND)
- Psalmen und Psalmenkommentar.
- Entstehungsort
- wohl Worms. (Bischoff, Lorsch, S. 78; CLA Suppl. Nr. 1768).
- Entstehungszeit
- letztes Drittel 8. Jh., vor 793 . (Bischoff, Lorsch, S. 78; CLA Suppl. Nr. 1768).
- Typus (Überlieferungsform)
- Codex.
- Beschreibstoff
- Pergament (vor- und Nachsatzbll. Papier).
- Umfang
- 2, 101, 2 Bll.
- Format (Blattgröße)
- 25,5–25,8 × 15,2–15,6 cm.
- Zusammensetzung (Lagenstruktur)
- (II-1)2a (mit Spiegel) + (III-1)5 + (V-2)13 + (VI-3)22 + (V-2)30 + IV38 + 2 (V-2)54 + III60 + IV68 + 2 (V-2)84 + (IV-1)91 + IV99 + (II-2)101 + (II-1)103* (mit Spiegel). Lagenstruktur nach Eggenberger, Dedicatio, S. 31f., der u.a. zeigen kann, dass die Lagen stark gestört sind und ursprünglich Bl. 1 und 5 miteinander ein Doppelbl. bildeten, dem die Bll. 2–4 zu Beginn des 9. Jhs. (?) eingefügt wurden, so daß die heutige erste Lage (III-1) entstand. Ursprünglich sollte das Doppelbl. vor Bl. 6 einzig die Miniatur aufnehmen. Daher blieb es unliniert und 5v blieb leer; der ursprüngliche Textbestand setzte dann mit Bl. 6r ein (Eggenberger, S. 20f.).
- Seiten-, Blatt- und Lagenzählung
- Römische Foliierung des 17. Jhs. (1–101); jeweils zwei nichtgezählte Vor- und Nachsatzbl., daher wird hier bei der Beschreibung die Zählung der Digitalisate übernommen.
- Zustand
- Im wesentlichen in gutem Zustand. Weiches Pergament, Haar- und Fleischseite teilweise deutlich unterscheidbar, stellenweise leichte Verfärbungen (minimale Feuchtigkeitsschäden), zum Teil leicht durchscheinend. Ränder teilweise leicht schräg beschnitten. Bei Bl. 64 fehlt die untere Ecke, jedoch wohl ursprünglich, da wohl kein Textverlust. Tinte zum Teil leicht berieben und verblasst, v.a. die Rubriken stärker verblasst.
- Schriftraum
- 19,0–19,5 × 10,8–11,5 (-13,1) cm.
- Spaltenanzahl
- 1 Spalte.
- Zeilenanzahl
- 18–19 Zeilen.
- Angaben zu Schrift / Schreibern
- Psalmen und Psalmenkommentar wohl von zwei Händen: Bei der ersten Hand sind die Buchstaben nicht mehr völlig rund, die Vertikale wird eher betont und die Oberlängen setzen kaum noch dreickförmig an, sondern sind mehr als balkenartige Abstriche gestaltet; hier tritt doch die eigene Schrift, die karolingische Minuskel, hervor. Der zweite Schreiber verwendet dagegen eine Schrift, deren insularer Charaktersich deutlicher zeigt: runde, gestauchte Formen und keilförmige Schäfte und Oberlängen. Zu den Auszeichnungsschriften s. Buchschmuck. Insgesamt treten immer wieder Verschreibungen auf, die in der Regel wohl von der Nachtragshand der Bll. 1v–4r korrigiert wurden (Überschreibungen, Rasuren); Ergänzungen meist von der Hand des Schreibers mit Verweiszeichen angefügt. Die Nachträge in karolingischer Minuskel des 9. und 10. Jhs.; mit Satzinitialen bzw. Versalien, zum Teil aus der Kapitalis und der Unzialis entnommen. Die Hand der Predigtnachträge (1v–4r) erinnert an die Skriptorien von Lorsch und Weißenburg (CLA Suppl. Nr. 1768).
- Buchgestaltung
- Die Psalmtexte werden im ersten Teil aufeinanderfolgend zitiert, eingeleitet durch jeweils einen Psalmtitel in Rot (bis auf den ersten angeführten Psalm); die Anfänge jedes Psalms durch Initialen gekennzeichnet. Die im zweiten Teil folgenden Kommentare werden durch die Anfänge der Psalmen eingeleitet (meist der erste Vers), denen sich dann der eigentliche Kommentartext anschließt. Zu den Initialen und Auszeichnungsschriften, die den Text gliedern, auch unter Buchschmuck. Linierungen mit doppelten Linien am äußeren Rand in Blindlinien (?) meist noch sichtbar. Zirkellöcher zum Teil noch erhalten.
- Buchschmuck
- Dedikationsbild (5r): der um Gnade bittende Bischof Erembert (von Worms?) rechts in demütiger Haltung gegenüber dem hl. Martin stehend, eingefasst in einer Rahmung mit Flechtbändern und Blattmotiven, Widmungsinschrift in Kapitalis (s. Geschichte der Hs.). Rot umpünkelte farbige Initialen mit Flechtbandornamentik und Tiermotiven für die Kennzeichnung der Psalmanfänge; die einzelnen Psalmverse werden durch gelb und rot bzw. grün ausgefüllte und (beim Psalmtext) rot umpünkelte Initialen gekennzeichnet; Rubrizierung der Psalmtituli. Verse durch herzförmige und dreieckförmige rot ausgefüllte Zeichen gegliedert bzw. abgeschlossen.
- Nachträge und Benutzungsspuren
- Nachträge in karolingischer Minuskel des beginnenden 9. Jhs. (Isidor-Text und Predigt, 1v–4r) und des 10. Jhs. (Gebete, 4v und 22r–v); vgl. CLA Suppl. Nr. 1768. Zahlreiche Korrekturen der orthographischen Mängel v. a. im Kommentarteil, verbessert von einer wenig späteren Hand, wohl die Nachtragshand der Predigten, wie der Schriftvergleich andeutet (s. auch Angaben zur Schrift).
- Einband
- Römischer Halblederband zwischen 1846 und 1853: Maroquin (?) und rötlich-brauner Kaliko als Deckelbezug über Pappe. Rücken mit goldgeprägten Wappen: Papst Pius IX. (reg. 1846–1878) und Kardinalbibliothekar Luigi Lambruschini (amt. 1834–1853) sowie Signatur: PAL. 67; querrechteckiges, blaues Signaturschildchen der BAV am Kopf: Pal. lat. 67. Vgl. Schunke, Einbände 2.2, S. 815 (mit falscher Zuweisung des Wappenstempels des Kardinalbibliothekars an Jean-Baptiste Pitra [amt. 1869–1889] und damit verbunden eine falsche Datierung).
- Provenienz
- wohl Worms / Mainz (?) / Heidelberg.
- Geschichte der Handschrift
- Römische Signaturen: 1r und 2r ältere und aktuelle römische Signaturen. Dedikationsinschrift: 5r: PIVS PONTIFEX SANCTVS MARTINVS DONA INDVLGENTIAM hVMILI [verbessert aus -LEM] SERVO TVO EREMBERTO SVPLICANTI [verbessert aus -TEM]. 1r, 1v und 101v Stempel der BAV. 102*r am Falz: Namensvermerk des Buchbinders, der 2005 die neuen Vor- und Nachsatzbll. eingebunden hat; Hinterspiegel mit einem aufgeklebten Restaurierungsvermerk durch die bibliothekseigene Restaurierungswerkstadt, datiert: 6. Januar 2006. Der Codex ist in seinem ursprünglichen Bestand (Bll. 1, 5–101) im letzten Drittel des 8. Jhs. in einem kontinentalen Zentrum mit insularer Tradition geschaffen worden, wie die Imitation der insularen Halbunzialen zeigt (CLA Suppl. Nr. 1768). Die Texte der Bll. 2–4 stammen von einer Hand aus dem beginnenden 9. Jhs., die mit Lorsch und Weißenburg in Verbindung gebracht werden kann (Bischoff, Lorsch, S. 78, Anm. 100). Die Hs. wurde für eine Kirche oder ein Kloster mit dem hl. Martin als Patron geschaffen, worauf die Widmungsinschrift 5r hinweist, vermutlich für den Dom St. Martin in Mainz; demnach wäre die Hs. mit weiteren Mainzer Codices nach Heidelberg gekommen (Walz, S. 129). Der als Stifter genannte Erembert ist wohl identisch mit jenem Abt von Weißenburg und Bischof von Worms, der von 783/84 bis zu seinem Tod 793 amtierte, wie Bischoff in seiner Beschreibung der Hs. mutmaßte. Daher nimmt er Worms als Entstehungsort an; vgl. auch CLA Suppl. Nr. 1768.
- Literatur
- Bernhard Bischoff, Lorsch im Spiegel seiner
Handschriften, 2Lorsch 1989, S. 78, Anm. 100; Helmut Boese, Die alte „Glosa psalmorum ex
traditione seniorum“. Untersuchungen, Materialien, Texte, Freiburg 1982
(Aus der Geschichte der lateinischen Bibel 9), S. 82–87; CLA Suppl. Nr. 1768 (von Bernhard Bischoff); Christoph Eggenberger, Eine Frühkarolingische
Dedicatio in der Lindisfarne-Tradition, in: Diversarum artium studia, FS
für Heinz Roosen-Runge, hrsg. von Helmut
Engelhart/Gerda Kempter, Wiesbaden
1982, S. 19–32; Wilhelm Koehler, Buchmalerei des frühen
Mittelalters. Fragmente und Entwürfe (Veröffentlichungen des
Zentralinstituts für Kunstgeschichte 5), aus dem Nachlass hrsg. von
Ernst Kintzinger/Florentine
Mütherich, München 1972, S. 103f.; Geneviève L. Micheli, L’enluminure du haut moyen
âge et les influences irlandaises. Histoire d’une influence, Brüssel
1939, S. 105; OVL, Pal.lat.67; Pierre Salmon, Analectica liturgica, Vatikanstadt
1974 (Studi e testi 273), S. 127–129; Walz, in: Palatina 1, S. 129.
Verzeichnis der im Katalogisierungsprojekt abgekürzt zitierten Literatur
) 5r, 6r–101v
- Verfasser
- Anonymus.
- Titel
- Psalmi et commentum in aliquot psalmos.
- Angaben zum Text
- 5r, 6r–101v PSALMEN UND PSALMENKOMMENTAR. Text der Psalmen nach der Septuaginta. 5r Dedikationsbild mit Beischrift. PIVS PONTIFEX SANCTVS MARTINVS DONA INDVLGENTIAM hVMILI [verbessert aus -LEM] SERVO TVO EREMBERTO SVPLICANTI [verbessert aus -TEM]; s. auch oben Provenienz. (1. 6r–22r) 15 ausgesuchte Buß-Psalmen, bis auf den ersten zitierten Psalm alle mit Psalmentitel. Ps 6 (6r–v), Ps 12 (6v–7v), Ps 24 (7v–9r), Ps 50 (9r–11r), Ps 53 (11r–11v), Ps 56 (11v–12v), Ps 66 (12v–13v), Ps 69 (13v–14r), Ps 85 (14r–15v), Ps 122 (15v–16v), Ps 129 (16v–17r), Ps 139 (17r–18v), Ps 140 (18v–19v), Ps 141 (19v–20v), Ps 142 (20v–22r). (2. 23r–101v) Psalmenkommentar. ›DOMINE‹ NE IN FURORE TUO ARGUAS ME NEQUAE [!] IN IRA TUA CORRIPIAS ME [Ps 6,1; Kommentar:] ISTA UOX EST PENETENTIUM ET REQUIES IN FUTURO … 101v … DEO SUO USQUE PRĘMIUM CONSEQUATUR. Es werden stets die Anfänge der Psalmen wiederholt und die Kommentare angeschlossen. Es handelt sich dabei um eine spätere Bearbeitung der im 7. Jh. anonym verfassten ‚Glosa psalmorum‘ (Boese, Glosa psalmorum, S. 82f.). Den Psalmen mit ihren Kommentaren sind von zwei verschiedenen Händen (?, Handwechsel 3v/4r?) des beginnenden 9. Jhs. zwei Predigten bzw. von einer Hand des 10. Jhs. ein Gebet vorangestellt. (1. 1v) Isidor von Sevilla, Synonymorum II,91. ›INCIPIT HOMELIA SANCTI ISIDORI‹ ›B‹reuis est huius mundi felicitas … se spearant/. Editon: Migne PL 83, Sp. 865C. (2. 1v–4r) Augustinus, Sermo de falso amico. ›INCIPIT SERMO De FALSO AMICO‹ (2r) ›P‹rotector & nutritor sanctus spiritus est · qui cupit … 4r … Inpedimentum potuit habere. ›explicit.‹. Edition: Armand B. Caillau / B. Saint-Yves, Sancti Aurelii Augustini Sermones inediti (Operum, Suppl. 1–3), Bd. 1, Paris 1836, S. 88. (3. 4v) Alcuin (?), Ad orationes speciales faciendas. ›M‹iserere domine miserere Christe tua misericordia misere mihi … tribus uitibus & gloria. Unter den Anhängen der ‚Opera Alcuini‘ ediert Migne PL 101, Sp. 1408D–1409A, ein Gebet, dessen Text mit dem der Hs. übereinstimmt, jedoch eine veränderte Reihenfolge der Verse bietet. Der Leeraum nach dem Psalmtexten ist mit einem weiteren Gebet ausgefüllt, das von derselben Hand des 10. Jhs. nachgetragen wurde, wie das zuvor genannte. (22r–v) Alcuin, Officia per ferias: Feria II, psalmi poenitenlialis. ›CHRISTI‹ audis nos … ›E‹go dixi domine miserere mei sana animammam [!] meam … 22v … ›M‹iserere mei deus secundum magnam. Edition: Migne PL 101, Sp. 531B-D. In der Edition fehlen die beiden ersten Zeilen mit der Anrufung Christi; der edierte Text beginnt mit „Ego dixi domine …“.
- Explicit
- 101v … deo suo usque pręmium consequatur.
- Edition
- s. Angaben zum Inhalt.
- Bearbeitet von
- Dr. Uli Steiger, Universitätsbibliothek Heidelberg, 2024.
Zitierempfehlung:
Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Pal. lat. 67. Beschreibung von: Dr. Uli Steiger (Universitätsbibliothek Heidelberg), 2024.
- Katalogisierungsrichtlinien
- Die Katalogisierungsrichtlinien finden Sie hier.
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Erschließung von 876 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen lateinischen Handschriften der Heidelberger Bibliotheca Palatina in der Vatikanischen Bibliothek in Rom.