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Freie Vereinigung Darmstädter Künstler [Editor]; Städtisches Ausstellungsgebäude auf der Mathilden-Höhe <Darmstadt> [Editor]
200 Jahre Darmstädter Kunst: 1830 - 1930: Darmstadt, Mathildenhöhe 1930 ; vom 22. Juni bis 28. September 1930 ; als Festgabe zur 600-Jahr-Feier der Stadt Darmstadt — Darmstadt, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.24096#0026
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wenig geglückter Versuch war, das gotische Tabernakel zum
freistehenden Monument umzubilden und die gotischen Formen
mit Elementen seiner kristallinischen Ornamentik zu durchsetzen.
Verärgert über Mißerfolge und ärmlichen Lohn wandte sich
Scholl mit bemerkenswerter Elastizität von der Bildhauerei ganz
ab und siedelte 1845 nach Rödelheim über, wo der Jugend-
freund Carl Engel sich schon vorher niedergelassen hatte,
Wohnung und Werkstatt mit diesem teilend. Als Maler hat Scholl
eine Reihe wertvoller und eigenartiger Bilder gemalt, darunter
„Mutter mit Kindern" unter einem Baum in der Darmstädter
Galerie, von liebenswürdigster Empfindung, ein eindrucksvolles
Selbstbildnis u. a. Er zeigt, daß er so gut wie irgendeiner malen
konnte, die Farbe ist kräftig und leuchtend. Die ungemein ge-
schickte Komposition der Mutter mit den drei Kindern ist aber
so monumental erfunden, daß wir den zu kleinen Maßstab des
Bildes bedauern. Scholl hatte das Zeug zu einem Monumental-
maler, er schafft große Kartons, Illustrationen. Mit Engel zu-
sammen führt er zwei riesige Ausstellungsbilder aus, die größtes
Aufsehen erregt haben sollen (beide im Ausland), 1856 malt er
die Decke des Darmstädter Hoftheaters mit fünf großen Medail-
lons aus, die 1871 dem Theaterbrand zum Opfer fielen. Von
1845—1858 veröffentlicht er ein Grabmälerwerk, dann „Neue
Denksteine", „Neue Architektur", „Deutsche Dichtungen in Bild
und Wort", Revolutionsgraphik, „Lebensbilder", „Bauschule der
Natur", „Gegensätze". Welche Fülle von originalen Ideen, zeich-
nerischem Können, Humor, Satire, Kraft und Zartheit steckt in dem
Lebenswerk dieses genialen Mannes, der vielleicht infolge einer
unstäten Art Freud und Leid der Künstlerschaft doppelt erleiden
mußte. „Sogenannte Freunde beuteten ihn aus, lebten von sei-
nen Ideen und benutzten seine Entwürfe." „Das gute liebe
Battistchen wurde wie vom Schicksal, so von den Menschen übel
belohnt."
Des Künstlers Sohn K a r I S c h o 11, 1840—1912, Hofbildhauer,
der Studien im Städelschen Institut gemacht hatte, stand ihm
als Mitarbeiter zur Seite. Er schuf vorzugsweise Bildnisbüsten,
darunter die von Lorey und der Großherzoge Ludwig I. und III.
im Landestheater. Die väterliche Werkstätte führt Hermann
Scholl, geb. 1875, weiter.

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