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Amelung, Arthur [Hrsg.]; Jänicke, Oscar [Hrsg.]
Ortnit und die Wolfdietriche: nach Müllenhoffs Vorarbeiten (Deutsches Heldenbuch) (3. Teil, 1. Band) — Berlin, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.2039#0021
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zum Ortjnit XXUI

Fassen wir alles zusammen, so geht aus der mundart so viel wenigstens
sicher hervor, dass beide dichter Baiern oder Österreicher waren; eine
nähere bestimmung ergibt sich nicht; oder sollte aus dem umstände, dass
die so häufigen reime e : e, e : e fehlen, und dagegen die fast beispiellosen
e : e und e : ee vorkommen, etwas zu gewinnen sein? Thomasin von
Zirklcere, der einzige dichter aus früherer zeit, der diese reime auch hau
kann als ausländer nicht in betracht kommen, wenn aber unsere dichter
Baiern oder Österreicher sind, so müssen sie schon deshalb in die erste
hälfte des Jahrhunderts gesetzt werden, am allerwenigsten halte sich gerade
in jenen gegenden, wo mit der zweiten hälfte des Jahrhunderts die correcte
hofsprache sich rascft verlor, ein dichter von den einflüssen seiner heimat-
lichen mundart so weit frei gehalten: nirgend begegnet der reim i : ei öder
u : ou; aber auch reimfreiheiten, die fast bei allen Österreichischen dichtem
schon in der ersten hälfte des Jahrhunderts häufig sind, vermeiden die
dichter des Ortnit und Wolfd.: z. b. m : n (Nib. KL, Bit., Kudr., Alph.,
Vir., Walther), en : e (KL, Bit., Kudr., Vir.), das schwanken zwischen a
und o (kein geswarn usw. ,\s. anm. zu 366), 6 : uo (Nib., KL, Bit., Kudr.),
u : ü, i : i, o : ö (in der Krone häufig; ouch ö : ce 1575). auch der ge-
brauch der apokope und synkope des tief tonigen e ist für einen Österrei-
cher sehr massig angewandt und lange nicht so ausgedehnt als z. b. bei
Ulrich von Lichtenstein, überhaupt entfernen sich unsere dichter von dem
reinen mhd. im ganzen kaum weiter als Neidhart, noch nicht so weit als
Ulrich von Lichtenstein, lange nicht so weit als Heinrich von dem Türlin.
sie müssen daher ihrer spräche nach in die erste hälfte des 13. Jahrhun-
derts gesetzt werden, dasselbe wird noch durch die betrachtung des stro-
phenbaues bestätigt.

Im strophenbau unterscheiden sich Ortnit und Wolfd. A ebenso sehr
vom Rosengarten und dem Wolfdietrich D als von den ältesten teilen der
Nibelunge not, und sie werden wol auch zeitlich zwischen diesen gedichten
etwa die mitte halten, die charakteristischen eigenheiten des Strophenbaues
in den jüngsten teilen der Nibelunge not finden sich hier wieder, aber in
verstärktem masse. die Verkürzung der achten halbzeile ist nicht mehr eine
ausnähme von der regel, sondern durch den gebrauch vollkommen legiti-
miert : die schlusszeile kann ganz nach belieben aus drei oder vier hebun-
gen bestehen, und das erslere ist sogar häufiger, oft ist es zweifelhaft, ob
die achte halbzeile mit vier hebungen, oder mit zweisilbigem auftakt und
drei hebungen zu lesen ist; da man aber in den meisten fällen nur mit drei
hebungen lesen kann, und zweisilbiger auftakt auch, sonst fast in jeder
zeile vorkommt, so ist letzteres angemessener, dann haben überhaupt kaum
ein zwölftel aller Strophen vier hebungen in der schlusszeile. da sich nun
der dichter auch nicht mehr daran bindet, den satz mit der Strophe schliessen
 
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