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Bernhard, Jakob
Kurpfälzer Sagenborn: alte und neue Sagen aus der rechtsrheinischen Pfalz mit besonderer Berücksichtigung der Heidelberger Gegend sowie der angrenzenden Gebiete des Neckartals, des Odenwaldes und des Kraichgaues, der Bergstraße und der Rheinebene — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.4086#0073
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Doin Ubelwasser.

Auf der Straße zwischen Altenbach und Lampenhain erhebt
sich ein Gedenkstein, den man das „Äbelwasser" nennt. Vor 2ah-
ren hatte einmal ein Bauer mit seinen Knechten in der Gegend
Heu gemacht. Es war am Kannstag (Iohannistag). den man
früher als hohen Festtag feierte. Der Bauer wollte freilich da-
von nichts wissen. Er rief wütend: „Kannstag hjn, Kannstag
her, heut' wird Heu gemacht!"

Schon stand der Wagen hoch beladen zur Mfahrt bereit,
als plötzlich ein heftiger Platzregen einsetzte und den Boden so
aufweichte, dah der Wagen stecken blieb. Der Knecht nahm die
Pferde am Zügel und sagte geduldig: „2n Gottes Namen."
„Was," schrie der Bauer. „in Teufels Namen!" Da tat sich die
Erde auf, und unter furchtbarem Blitzen und Donnern versank
der Bauer mit Pferd und Wagen vor den Augen seiner Knechte
in der grausigen Erdspalte.

Iene Sumpfwiese heißt seither in Erinnerung an das schreck-
liche Vorkommnis das „Äbelwasser".

Gedenke des Sabbattages,
dah du ihn heiligest!

Die Hirtensteine.

Hinter dem Eichelberg, auf der Lampenhainer Höhe, er-
heben sich uralte Steinkreuze, wenig auffällig, weil sie fast im
Erdboden versunken sind. Sie werden im Volksmund die Hir-
tensteine genannt. Bor vielen Iahren, so erzählt die Sage, war
die Gegend noch nicht mit Wald bepflanzt. Aur dürftiges Gras
und niederes Gestrüpp wuchsen auf dem sandigen Boden, der
deshalb nur als Weide benutzt werden konnte. Zwei Hirten ge-
rieten hier einmal in Streit miteinander, weil jeder den besten
Glauben haben wollte. Sie ereiferten sich so sehr und wurden
so heftig. daß sie mit der Hacke aufeinander losgingen. Schwer
verletzt und blutend aus vielen Wunden, starben beide, noch be-
vor ihnen Hilfe gebracht werden konnte.

Zum bleibenden Gedächtnis an diese schaurige Begebenheit
haben fromme Leute zwei Kreuze am Tatort aufrichten lassen,
verschieden nach Form und Gröhe, was zum Ausdruck bringen
soll, daß jeder der Hirten eine andere Konfession hatte.

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