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Bernhard, Jakob
Kurpfälzer Sagenborn: alte und neue Sagen aus der rechtsrheinischen Pfalz mit besonderer Berücksichtigung der Heidelberger Gegend sowie der angrenzenden Gebiete des Neckartals, des Odenwaldes und des Kraichgaues, der Bergstraße und der Rheinebene — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.4086#0099
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Eines Tages erschien ihm die rätselhafte Gestalt zum zwei-
ten Male. diesmal aber schweigend und traurig. Der Ritter
achtete ihres warnenden Blickes nicht. Er verschwor Leben und
Seligkeit, nur um sie zu besitzen. Da glomm ein grauenvolles
Feuer in den Augen der angebeteten Iungfrau auf.

Von Entsetzen gepackt und gelähmt an allen Gliedern, stand
der Anglückselige vor der Erscheinung. Er empfing ihren Kuh
und sank entseelt zu Boden. (Nach 2l. v. Chamisso)

Der Geist des Vurgkochs aufBurg Windeck.

2luf der Burg Windeck bei Weinheim treibt am Gründon-
nerstag der Geist des Burgkochs sein Anwesen. Wer an diesem
Tag die Durg betritt, hat nichts Gutes zu gewärtigen. Er wird
mit Steinwürfen empfangen, daß es nur so hagelt, und doch ist
weit und breit weder jemanden zu sehen, noch zu hören. Das
hat auch einmal ein Kammerherr erfahren müssen, der am ge-
nannten Tage die Burg besuchte. Kaum war er eingetreten, da
sausten ihm schon einige Felsbrocken am Ohr vorbei. 2lls er
zu schimpfen und zu fluchen anfing, wurde er von unsichtbarer
Hand so verprügelt, dah ihm Hören und Sehen verging und er
sich nur noch mühsam fortschleppen konnte.

Der Geist des Durgkochs hatte ihm das Leid angetan.

(Äach Schnezler)

Der „Weinklopper" (Weinklopser).

Wie in andern Gegenden. so gab's auch in Weinheim lange
Zeit hindurch vor dem Herbsten gewisse Borzeichen, die auf
eine gute oder schlechte Weinernte hindeuteten. Desonders der
uralte „Weinklopper" machte sich da und dort in den Kellern
der Stadt bemerkbar. Im ehemaligen Deutschordenshaus z. B.
war dieser „Geist" besonders deutlich wahrnehmbar. Dort hörte
man dann Geräusche von solcher Stärke, als wenn mit einem
mächtigen Eichenhammer gegen die Wand geschlagen würde. Der
„Weinklopper" will die schweren, dicken Kellermauern sprengen,
so heiht es. um Platz zu schaffen für einen guten Herbst. Da-
her wird sein Klopfen vom Rebbauer immer gern gehört, wie
man umgekehrt eine Mihernte befürchtet. wenn es nicht ein-
tritt. Beim Deutschherrenhaus ereignet sich in gewissen Näch-
ten noch ein anderes Zeichen: ein grohes Weinfah wird über
den Hof auf die Strahe gerollt mit soviel Gepolter, dah es weit-
hin hörbar ist. Wie erklärt sich das Dolk diese und ähnliche Er-

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