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Bernhard, Jakob
Kurpfälzer Sagenborn: alte und neue Sagen aus der rechtsrheinischen Pfalz mit besonderer Berücksichtigung der Heidelberger Gegend sowie der angrenzenden Gebiete des Neckartals, des Odenwaldes und des Kraichgaues, der Bergstraße und der Rheinebene — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.4086#0105
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Fesseln befreit, stürzte wie ein wildes Tier auf die Kämpfenden
zu und streckte seinen Hauptpeiniger, den Landschad, zu Boden.
Inzwischen hatte einer seiner Kumpane die Tochter entführt
und nach Schwetzingen, dann nach Heidelberg gebracht, wo sie
streng verborgen gehalten wurde.

2lus Gram über den Verlust seines geliebten Kindes und
aus Zorn über die erlittene Schmach wurde Enderle bald zu
einem Schrecken für die ganze Gegend. Er haßte nicht nur Wild
Und Wald, sondern auch die Menschen. Niemand war mehr
sicher vor ihm; die Leute glaubten, er stehe mit dem Teufel im
Bunde.

Als er eines Abends in seiner dunkeln Kammer saß und
vor sich hinbrütete, nüherte sich ihm seine Tochter. Sie ge-
traute sich allerdings nicht, den stöhnenden und fluchenden Dater
anzusprechen aus Angst, er werde etwas Böses von ihr denken
und sie verstoßen. Evchen verließ das Haus, hatte aber zuvor
ihrer Lieblingskatze ihr goldenes Kettlein um den Hals gehängt.
Das unglückliche Mädchen irrte umher, bis es in der Dunkelheit
des Waldes den Weg verlor. Man nimmt an, daß es dort in
eines Ler Wasserlöcher gefallen und ertrunken sei, die man heute
nvch zeigt. Am nächsten Morgen fand der Vater sein totes
Kind. Wie rasend soll er an der Leiche seines Lieblings getobt
haben. Und alsbald darauf der Kursürst mit seinem Iagdgefolge
an der Anglücksstelle vorüberkam, trat ihm Enderle mit erho-
bener Faust und grimmiger Vergeltungsmiene entgegen und ver-
fluchte ihn mit furchtbaren Worten als den Mörder seines Kin-
des. Dann nahm er die Tote auf seine Schultern und trug sie
nach Hause. Der Fluch deS gequälten Baters ging in Erfül-
lung. Otto Heinrich starb verhältnismäßig frühe, ohne Aach-
kommen zu hinterlassen. Der Geist des unglücklichen Enderle
aber konnte sich lange nicht von den Stätten lösen, die so viel
Anrecht und Anglück gesehen hatten. Aicht nur in seiner Hei-
mat soll er lange umgegangen, sondern auch dem Pfalzgrafen
draußen auf dem Meere erschienen sein, als dieser von seiner
Palästinareise in die Heimat zurückkehrte.

Die Seckenheimer Schatzgräber.

Einst fanden Seckenheimer Bauern beim Pflügen die Äber-
refte von Mauerwerk, das von dem im Dreißigjährigen Krieg
untergegangenen Dorf Kloppenheim stammen soll. Dadurch
wurde die Phantasie und Habsucht zweier Brüder so angeregt,
daß sie beschlossen, um Mitternacht nach den Schätzen zu graben.
 
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