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Bernhard, Jakob
Kurpfälzer Sagenborn: alte und neue Sagen aus der rechtsrheinischen Pfalz mit besonderer Berücksichtigung der Heidelberger Gegend sowie der angrenzenden Gebiete des Neckartals, des Odenwaldes und des Kraichgaues, der Bergstraße und der Rheinebene — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.4086#0107
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digen Erscheinungen. Häufig rollte die aufgegrabene Erde wie-
der hinunter und verschüttete die Liefe; selbst im lockeren Sande
zerbrachen häufig ihre Schaufeln, und einmal setzten sich sogar
zahllose Raben rings um die Grube und erhoben ein furchtbares
Gekrächze; ein andermal dann, als die Brüder wieder an die
Arbeit gehen wollten, erblickten sie tief in der Grube eine
weiße Frau. Lroh alledem ließen sie sich nicht abhalten. die
Arbeit zu Ende zu führen. Da stießen sie plötzlich mit ihren
Spaten auf eine große eiserne Platte. 2lls es ihnen aber trotz
größter Mühe nicht gelang, sie herauszuheben, holte der jüngste
der Brüder Hilfe im nahen Dornheim. Die beiden andern ar-
beiteten weiter, erschraken aber, als sie unter sich in der Erde
plötzlich ein dumpfes Donnerrollen vernahmen. Nachdem sie
eine Weile innegehalten, war alles wieder stille geworden.
Mittlerweile war der jüngste Bruder mit den Helfern aus Dorn-
heim eingetroffen, und so gelang es ihnen endlich, mit vereinten
Kräften die schwere Eisenplatte zu heben. Nun aber sahen sie
staunend einen großen Sarg von blankem Silber und prächtiger
Snschrift. 2llle drängten sich herbei, die Buchstaben zu lesen.
Da aber erdröhnte der unterirdische Donner gewaltiger denn
zuvor. Der Sarg wankte, und ein gewaltiger Wasserstrom brach
aus der Tiefe hervor. 2lur wenige konnten sich retten; die rings
herabsinkende Erde begrub auch die drei Brüder auf ewig.
Die Geretteten flohen nach Dornheim und verkündeten das
schauerliche Ereignis. 2kun eilte alt und jung hinaus zu der
Anglücksstelle. und was erblickten sie? Ein tiefer Teich mit fin-
ster aussehendem Wasser hatte sich an der Stelle gebildet, wo
die Drüder begraben lagen. Niemand wagte fernerhin, dort zu
suchen und zu graben. Die Stelle aber erhielt von jener Zeit
an den Äamen „Teufelsloch". — Es war noch bis vor wenigen
Iahren erkennbar als sumpfige Tiefe, auf der rauschendes Schilf
sich erhob. Heuts haben fleißige Hände das ganze Gelände ein-
geebnet und in fruchtbares Gartenland umgewandelt.

Der Gast in der Nheinmühle bei Mannheim.

Der Müllerknecht hatte die Nachtwache in der Mühle. Plöh-
lich Pochte es an der Tür, und herein trat ein Greis in grauem
Gewande und mit langem, wallendem Bart. Er bat flehentlich
um ein Obdach für die 2kacht. Ohne zu zögern, wies der barmher-
zige Bursche dem Bittenden ein Schilflager als Ruhestätte an.
 
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