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Bernhard, Jakob
Kurpfälzer Sagenborn: alte und neue Sagen aus der rechtsrheinischen Pfalz mit besonderer Berücksichtigung der Heidelberger Gegend sowie der angrenzenden Gebiete des Neckartals, des Odenwaldes und des Kraichgaues, der Bergstraße und der Rheinebene — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.4086#0046
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Die Rose von Dilsberg.

Des Grafen Heinrich von Düren bildhübsche Tochter wurde
im Volksmunde nur die „Rose von Dilsberg" genannt.

Sie war verlobt mit dem Ritter Wolf von Hirschhorn. Der
war seinem Aachbarn, dem Reckarsteinacher Landschaden, der
ebenfalls um ihre Hand angehalten hatte, längst zuvorgekom-

men. Das verbitterte
den Mgewiesenen aufs
höchste, und er sann
Tag und Nacht dar-
über nach, wie er sich
rächen könne. Endlich
sollte sich ihm Gelegen-
heit bieten, sein finste-
res Vorhaben auszu-
sühren. Wie oft zuvor,
ritt der arglose Wolf
den einsamen Berg-
pfad aufwärts. Träu-
mend und in Gedanken
versunken, achtete er
nicht auf das funkelnde
Augenpaar im Gebüsch
und auf die Gestalt, die
ihm aus dem Hinter-
halt Tod und Berder-
ben bringen sollte. Da

— ein wuchtiger Schlag

— und schon war das
Anglück geschehen! —
Während man droben
auf dem Dilsberg die

letzten Borbereitungen zur Hochzeit traf und die Braut zum
Kirchgang schmückte, verblich drunten im Wald ihr Liebster un-
ter den Mörderhänden des eifersüchtigen Nebenbuhlers.

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Schreckensbotschaft
auf dem Dilsberg svwie in der ganzen Amgegend. Nur der
Braut getraute sich niemand, das Furchtbare zu melden. Ms
endlich der alte Diener ein Herz fahte herauszurücken, brach die
Berzweifelte unter furchtbarem, markerschütterndem Schreien
vhnmächtig zusammen. Doch riß sie sich wieder empor. um in
fliegendem Lauf, mit irren Augen und wankenden Knieen die
hohe Burgmauer zu erklimmen und sich in den Schloßgraben

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