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Bernhard, Jakob
Kurpfälzer Sagenborn: alte und neue Sagen aus der rechtsrheinischen Pfalz mit besonderer Berücksichtigung der Heidelberger Gegend sowie der angrenzenden Gebiete des Neckartals, des Odenwaldes und des Kraichgaues, der Bergstraße und der Rheinebene — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.4086#0047
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hinabzustürzen. Die zu spät herbeigeeilten Angehörigen, die
nur noch den Lod feststellen konnten, mußten sich die bittersten
Vorwürfe machen, daß sie die Verzweiflungstat der Anglücklichen
nicht durch bessere Bewachung verhütet hatten.

Die Minneburg im Neckartal.

2luf der Minneburg lebte einst ein armer, aber edler Mt-
ter, Edelmut genannt. Seit langem hing sein Herz mit inniger
Liebe an Minna von Horneck, einem reichen Edelfräulein, das
ihm sehr zugetan war. Doch der Vater wollte eine Verbindung
nicht zugeben, weil er dem reichen Grafen von Dilsberg seine
Tochter bereits versprochen hatte. Schon hatte man die Hoch-
zeit festgesetzt und alle Vorbereitungen waren getroffen wor-
den. 2lber Minna sträubte sich aufs äuherste. Täglich wartete
sie auf die Rückkehr ihres Verlobten, der inzwischen zum Kampf
gegen die Türken ausgezogen war. Vergebens. Da entwich sie
in der Nacht vor dem Hochzeitstage mit ihrer getreuen Magd,
fuhr in einem Kahn über den Äeckar und fand am Bergabhange
eine Höhle, die als Wohnung diente. Hier fristeten beide ein
gar kümmerliches Dasein. 2kur hie und da wagten sie sich ans
Tageslicht, um verkleidet bei den Fischern Speise zu kaufen.
So brachten sie in der traurigen Einsamkeit sieben Sahre und
etliche Monate zu. Durch all die vielen Entbehrungen und den
Kummer um den Geliebten, der in Gefangenschaft geraten war,
fing das zarte Fräulein an zu kränkeln, siechte dahin und starb.
Die getreue Magd begrub sie an einem von Gebüsch umschatte-
ten Ort. Endlich kehrte Graf Edelmut von der Kreuzfahrt zu-
rück. Seine treue Geliebte war verschwunden, und niemand kannte
ihren Aufenthalt. Anbeschreiblich war jetzt sein Schwerz. Er
schwur, nicht eher zu ruhen, bis er die Angebetete gefunden habe.
Nach langem Amherirren brachten ihn gewisse Zeichen an den
Bäumen und sein Plötzlich auftauchendes Windspiel auf die
Spur der Bermißten. Leider traf er statt ihrer selbst nur noch
deren Ruhestätte an. Wildes Weh erfüllte da sein Herz, und
vhnmächtig fiel er am Grabe nieder. Zum Andenken an die
Geliebte, die ihm die Treue gehalten hatte bis zum Tode, er-
baute er die Minna- oder Minneburg. Ihre malerischen Äber-
reste inmitten der bewaldeten Höhe bieten nicht nur vvm gegen-
überliegenden Dorfe Neckargerach aus, sondern auch von der
andern Seite des vielbesuchten Tals ein stets gern gewähltes.
dankbares Wanderziel.

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