sen von zwei ungewöhnten Stieren soweit ziehen zu lassen, bis
die Tiere von selbst stille ständen. Dort solle man sie begraben
und über ihrer Ruhestätte ein Kirchlein erbauen. 2llso geschah es.
Rotburga wurde in Hochhausen beigesetzt. In dem kleinen
Gotteshaus des Dorfes, das auch Inschriften und Dilder aus
dem Leben der Heiligen zeigt, ist deren Grabmal aufgestellt.
Eine Steinplatte, die auf zwei Quadern ruht, zeigt in erhabener
Ausführung (Relief) die mit der Königskrone geschmückte Jung-
frau. WSHrend der linke Arm fehlt, hält der rechte eine Schlange
mit einem Kräutlein zwischen den Zähnen.
(Der Rotburgasage liegt ein tieferer Sinn zu Grunde als
unseren gewöhnlichen Volkssagen. Sie stellt nämlich den Kampf
des aüfkeimenden Christentums mit dem Heidentum dar und ist
daher ein getreues Spiegelbild ihrer Zeit.)
Die weiße Frau zu Guttenberg.
Auf dem Schloß Guttenberg am Neckar erschien vor Iah-
ren eine weiße Frau. Sie zeigte sich besvnders dem Hausgesinde,
huschte aber immer rasch davon. Wenn eine Magd backen wollte,
sprang sie ihr gerne auf die Schultern und wirkte dann wie ein
Alp. Zuweilen stand sie auch am Waschzuber und half den Wä-
scherinnen bei der Arbeit. Auch im neuen Schloß, das an Stelle
des alten entstanden war, warf sie oft alle Sachen drunter und
drüber. und wenn sie dann davongehuscht war, bemerkte es be-
sonders der Diener, der seine Kleider weggetragen und in der
andern Stube fand.
Der Schloßherr dagegen erblickte sie nicht, hörte sie aber in
den Gängen hantieren, wenn sie Brennholz hier niederwarf.
Sobald er sie zu ertappen suchte, war sie spurlos verschwunden.
Morgens huschte sie gewöhnlich in das Backhaus, wo sie sich
tagsüber versteckt hielt. Die weihe Frau tat niemanden etwas
Arges zuleide, im Gegenteil, aber wenn sie einmal bei der Ar-
beit mithalf, dann mußte fleißig zugegriffen werden, dah es ein
rechtes Stück gab.
Sie zeigte sich zuweilen auch in den andern Räumen. so z. B.
mit Vorliebe im Waschhaus. Als hier einmal zwei Kammer-
mädchen ein Bad nehmen wollten, öffnete sie plötzlich die ver-
schlossene Tür. Zu Tode erschrocken, liefen diese eiligst davon.
Da ließ der Burgherr eines Tages an der Ecke des Waschhauses,
wo das Gespenst zu verschwinden pflegte, den Boden aufgra-
ben. Man machte eine grausige Entdeckung. Zum Borschein
kam das Gerippe eines erwachsenen Menschen und das eines
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die Tiere von selbst stille ständen. Dort solle man sie begraben
und über ihrer Ruhestätte ein Kirchlein erbauen. 2llso geschah es.
Rotburga wurde in Hochhausen beigesetzt. In dem kleinen
Gotteshaus des Dorfes, das auch Inschriften und Dilder aus
dem Leben der Heiligen zeigt, ist deren Grabmal aufgestellt.
Eine Steinplatte, die auf zwei Quadern ruht, zeigt in erhabener
Ausführung (Relief) die mit der Königskrone geschmückte Jung-
frau. WSHrend der linke Arm fehlt, hält der rechte eine Schlange
mit einem Kräutlein zwischen den Zähnen.
(Der Rotburgasage liegt ein tieferer Sinn zu Grunde als
unseren gewöhnlichen Volkssagen. Sie stellt nämlich den Kampf
des aüfkeimenden Christentums mit dem Heidentum dar und ist
daher ein getreues Spiegelbild ihrer Zeit.)
Die weiße Frau zu Guttenberg.
Auf dem Schloß Guttenberg am Neckar erschien vor Iah-
ren eine weiße Frau. Sie zeigte sich besvnders dem Hausgesinde,
huschte aber immer rasch davon. Wenn eine Magd backen wollte,
sprang sie ihr gerne auf die Schultern und wirkte dann wie ein
Alp. Zuweilen stand sie auch am Waschzuber und half den Wä-
scherinnen bei der Arbeit. Auch im neuen Schloß, das an Stelle
des alten entstanden war, warf sie oft alle Sachen drunter und
drüber. und wenn sie dann davongehuscht war, bemerkte es be-
sonders der Diener, der seine Kleider weggetragen und in der
andern Stube fand.
Der Schloßherr dagegen erblickte sie nicht, hörte sie aber in
den Gängen hantieren, wenn sie Brennholz hier niederwarf.
Sobald er sie zu ertappen suchte, war sie spurlos verschwunden.
Morgens huschte sie gewöhnlich in das Backhaus, wo sie sich
tagsüber versteckt hielt. Die weihe Frau tat niemanden etwas
Arges zuleide, im Gegenteil, aber wenn sie einmal bei der Ar-
beit mithalf, dann mußte fleißig zugegriffen werden, dah es ein
rechtes Stück gab.
Sie zeigte sich zuweilen auch in den andern Räumen. so z. B.
mit Vorliebe im Waschhaus. Als hier einmal zwei Kammer-
mädchen ein Bad nehmen wollten, öffnete sie plötzlich die ver-
schlossene Tür. Zu Tode erschrocken, liefen diese eiligst davon.
Da ließ der Burgherr eines Tages an der Ecke des Waschhauses,
wo das Gespenst zu verschwinden pflegte, den Boden aufgra-
ben. Man machte eine grausige Entdeckung. Zum Borschein
kam das Gerippe eines erwachsenen Menschen und das eines
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