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Bernhard, Jakob
Kurpfälzer Sagenborn: alte und neue Sagen aus der rechtsrheinischen Pfalz mit besonderer Berücksichtigung der Heidelberger Gegend sowie der angrenzenden Gebiete des Neckartals, des Odenwaldes und des Kraichgaues, der Bergstraße und der Rheinebene — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.4086#0068
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war. sieht man an derselben Stelle, wo die Kinder umgebracht
wurden. zur Mitternachtstunde eine weiße Frau mit langem,
schwarzem Haar umherwandeln. Den Wald, in dem die Anselige
die grauenhafte Tat verübt hat, nennt man noch heute den
„Schlingenwald". (Nach Badenbach)

Käthchen von Heilbronn.

E>raf Friedrich Wetter von Strahl kehrte einst bei einem
alten Heilbronner Waffenschmied ein, sein Pferd beschlagen Und
seine Rüstung herrichten zu lassen.

Der Waffenschmied gebot seiner Lvchter, dem Fremden einen
Becher Wein zu kredenzen. Käthchen, schnell bereit, des Ba-

ters Wunsch zu erfül--
len, war kaum ins Zim-
mer getreten, als sie
lautlos zu des Ritters
Fühen zusammenbrach.
Stand nicht derselbe
Iüngling vor ihr, den
sie im Traume gesehen,
und der um ihre Hand
werben würde?

Beschämt und klop-
fenden Herzens eilte sie
auf ihre Kammer. Der
Ritter, inzwischen vom
Bater bedient, schwang
sich aufs Roß und
wollte davonreiten. Da
stürzte sich Käthchen
dreißig Fuh hoch aus
dem Fenster auf die
Strahe, war aber wie
ein Wunder fast vhne
Berletzung geblieben.
Kaum hatte sie sich von
dem schweren Sturz er-
holt, so schnürte sie ihr
Bündel und folgte fort-
an dem Ritter; nichts
vermochte sie aus sei-
ner Nähe zu vertreiben und von ihrer unerschütterlichen 2ln-
hänglichkeit und Liebe abzubringen. Da wurde der Iüngling so

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