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Werner, Wilfried
Cimelia Heidelbergensia: 30 illuminierte Handschriften der Universitätsbibliothek Heidelberg — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.2051#0033

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Ordinarium Cistercience (Cod. Sal. viii 40)

8 Ordinarium Cistercience

Tafel Seite 37 Cod. Sal. VIII 40, Pergament, 196 (194) Bl., 21X 15,5 cm, Salem, 1516

Der Text dieses liturgischen Buches, in dem die Gottesdienstordnung der Zisterzienser für die verschiedenen
Zeiten, Tage und Feste durch das Jahr hindurch beschrieben wird, beginnt mit einem Kalender (2r-7v). Auf
der ersten Seite ist oben ein Besitzvermerk des 17./18. Jahrhunderts angebracht: »F[ratrum] B[eatae]
Mfariae] Vfirginis] in Salem«. Eine Tabelle (8rv) nennt die Anfangstermine der alttestamentlichen Lesungen
(Historien) für August bis Dezember, gekennzeichnet durch die ersten Worte des betreffendenResponsoriums.
Ausführlich in ihrem Gebrauch erläuterte Tabellen führen hin zur Ermittlung der Termine von Septuagesima,
Ostern, Pfingsten, des ersten Adventsonntags und ähnlicher Besonderheiten für die einzelnen Jahre (9rv— 17r,
26r). Eine Kapitelübersicht (18r-25v) informiert über den Inhalt des Ordinariums. Ein einleitender Abschnitt
enthält Bestimmungen darüber, wie ein Heiligenfest begangen werden soll, das einem Temporal- oder Sankto-
ralfest unmittelbar benachbart ist oder mit einem solchen zusammenfällt (27r-27v). Dem eigentlichen Ordina-
rium ist eine Praefatio vorangestellt, der zufolge der Schreiber es sich zur Aufgabe gemacht habe, die Bestim-
mungen eines älteren »Liber usuum« und der verschiedenen Generalkapitel-Erlasse hinsichtlich der Gottes-
dienstgestaltung zusammenzufassen.

Das Eingangskapitel gibt Erläuterungen zum ersten Adventsonntag, zu seinem Termin, zur Frage, welche
Glocken geläutet, welche Lampen angezündet, welche Altarbehänge verwendet werden. Die Anfänge der
Kollektengebete werden mitgeteilt. Die nächsten Kapitel behandeln das Fest S.Luciä,dieQuatember-(Fasten-)
tage im Dezember, die Verwendung der Antiphon »Nolite timere« in der Adventszeit usw. Thema des
letzten (dreihundertsiebzehnten) Abschnitts ist das vom Ordenskapitel verrichtete Gebet um Sünden- und
Straferlaß für die Verstorbenen (bis 187v).

In einigen weiteren Kapiteln mit eigener Zählung wird über den Empfang für einen Bischof, über Miß-
geschicke und Versehen bei der Verrichtung des Gottesdienstes, über die Vorschriften des Hl. Bernhard zum
Kirchengesang, schließlich über die für die Laienbrüder arbeitsfreien Tage gesprochen.

Eine Schlußschrift in Hexametern (193r) belehrt darüber, daß der Abt von Salem, Jodokus Necker, dieses
Buch im Jahre 1516 habe schreiben lassen, und zwar durch die Hand des Zisterziensers Paulus von Urach.
Anschließend finden sich Nachträge des 17. Jahrhunderts (193r-194r) zur Kirchweih und zur Exkommuni-
kation am Palmsonntag.

Der Band enthält vier sehr qualitätvolle, getuschte, ganzseitige, dreifach gerahmte Federzeichnungen im
Format 14 X 9,5 cm. Die erste (fol. lv) zeigt einen betenden Abt mit Mitra und Krummstab. Auf einem Spruch-
band liest man: »Conserua nostram, diua patrona, domum«. Er kniet vor der Gottesmutter mit dem Kind;
diese, auf der Mondsichel stehend, ist mit einem Kranz von Strahlen umgeben, vor denen eine dichte Wolken-
wand sich teilt. Den Hintergrund bildet eine waldige Gebirgs- und Hügellandschaft. Das Wappen des Jodokus
Necker im Vordergrund zeigt ein Kreuz auf der Krümmung des Halbmondes, darunter drei Sterne.

Auf dem nächsten Bild (fol 10r) erkennt man einen gewappneten, betenden Ritter. Barhäuptig kniet er vor
dem Gekreuzigten. Wolkenhimmel und Landschaftshintergrund sind ähnlich wie auf dem ersten Bilde. Die
Wappenfigur, ein Widder, weist den Ritter als den Gründer des Klosters (1134), Guntram von Adelsreuth, aus.

Die dritte Zeichnung (17v) stellt wiederum einen betenden Abt dar, der vor Christus und den Marterwerk-
zeugen kniet. Wir haben in ihm also wohl den Hl. Bernhard zu erkennen. Sein gespaltener Schild allerdings, der
im rechten Feld einen Balken, im linken einen aufgerichteten Löwen zeigt, gehört dem Erzbistum Salzburg,
das nach dem Aussterben der Adelsreuther zu Beginn des 13. Jahrhunderts das Kloster in seinen Schutz ge-
nommen hatte. - Die Landschaft ist hier ergänzt durch eine Stadtansicht.

Das vierte Bild stellt den Einzug Christi in Jerusalem dar (91r, Tafel S. 37).

Die Handschrift ist durch dicke Holzdeckel geschützt, die mit Schweinsleder überzogen sind. Recht plump
sind die Messingbeschläge an den Ecken und in der Mitte der Deckel. Die Metallschließen sind gut erhalten.
Die Stempel verweisen auf die Buchbinderwerkstatt des Prämonstratenserklosters Weißenau am Bodensee.

Der Kodex ist bisher in der Literatur nicht erwähnt.

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