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Werner, Wilfried
Cimelia Heidelbergensia: 30 illuminierte Handschriften der Universitätsbibliothek Heidelberg — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.2051#0039

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Graduale (Cod. Sal. xi 16)

schmutzten und abgegriffenen Rand des Vorsatzblattes am hinteren Deckel hinzuweisen: »Anno domini
M° CCCC° LXIII super fes[ ]/assumpcionis uirginis gloriose sancte [ ] completus [ ?]/iste liber a fratre
Johanne Su [ ] sub Reverendo in Xristo patre [ ]«.

Die Handschrift ist bisher unbekannt geblieben.

11 Graduale

Tafeln Seite 43, 44 Cod. Sal. XI 16, Pergament, 342 Bl., 59 X 40 cm, Salem/Überlingen/Ulm, 1597/99

Das stattliche, durch einen prunkvollen, mit Messing beschlagenen Einband geschützte Buch wird auf Blatt lv
eröffnet durch eine ganzseitige Miniatur von hoher Qualität. Sie enthält eine Darstellung des Gekreuzigten;
Engel umschweben ihn, um in Kelchen sein Hl. Blut aufzufangen; in der Gruppe der Trauernden unter dem
Kreuz kniet im Vordergrund ein Zisterzienserabt, wohl der damalige Abt von Salem, Petrus Miller. Der
Wappenschild, mit Mitra und Stab geziert, enthält an Bildern und Figuren: den rot-weiß geschachten Rechts-
Schrägbalken der Zisterzienser im schwarzen Feld, einen schwarzen Löwen im goldenen, einen weißen Balken
im roten Feld als das Wappen des Bischofs von Salzburg, den schwarzen Widder der Adelsreuther im roten
Feld, blauen Schrägbalken rechts mit drei goldenen Lilien im weißen Feld, darüber und darunter je ein rotes
Rad mit vier Speichen: das Wappen des Petrus Miller. Der Hintergrund zeigt eine italienische Landschaft. Das
Bild wird von einer Goldleiste gerahmt, um diese ist eine Bordüre von naturalistischen Pflanzen- und Blüten-
ranken herumgelegt, in die Tiere (Affen, Einhorn, Schlange) und Putten eingefügt sind. Die Signatur lautet
»Johan Dentzel, Vlm fecit. 1599«. Nach U. Thieme und F. Becker1 ist unser Miniaturist wahrscheinlich
identisch mit einem der drei Brüder Dentzel (Anton, Melchior und Johann), die gegen Ende des 16. Jahr-
hunderts als Maler und Goldschmiede in Ulm tätig waren. Auch G. K. Nagler2 erwähnt das aus dem Kloster
Salem stammende Choralbuch, . . . mit bunten Bildern im italienisch-manirierten Geschmack der Zeit geziert«.
J. Dentzel (der »Maler von Ulm«) hat in dieser Zeit offensichtlich auch Porträts des Abts und des Priors
angefertigt3.

Der »Index de Tempore« (2r-3v), in brauner, roter und grüner Tinte geschrieben, enthält ein alphabetisches
Verzeichnis der Textanfänge, getrennt nach Introitus, Gradualia etc. Auf den Blättern 4r-5r folgt ebenso der
»Index de Sanctis«. Als »Frater Johannes Singer, indignus Franciscanus conventualis«, stellt sich der Schreiber
des Buches in einer Widmung an Abt und Patres des Klosters Salem vor (5rv). Er dankt dem Abt, nach dessen
Regierungsantritt (1593) das Buch unter hohen Kosten vollendet worden sei, nachdem es, von Johann Fischer,
genannt Gechinger, wahrscheinlich etwa 50 Jahre zuvor begonnen4, viele Jahre unvollendet gelegen habe. Er
schreibt diese Widmung im Minoritenkloster zu Überlingen 1597. Das Verzeichnis der Konventualen in Salem
(6r) nennt für das gleiche Jahr 63 Namen.

Nach zwei leeren Seiten beginnt auf Blatt 7V das »Graduale de Tempore secundum usum ordinis Cister-
ciensis«. Der Text ist in strenger Textura niedergeschrieben, die Melodien sind mit Hilfe von Quadratnoten im
Vierliniensystem aufgezeichnet. Größere kadellenartige, meist schwarze Zierinitialen, mit Krautblattmotiven,
geometrischen Ornamenten und Drolerien geschmückt, beleben das Bild einer Schriftseite. Man findet sie auch
in Verbindung mit Miniaturen oder mit goldenen Federranken auf farbigem Hintergrund.

Die halbseitige Miniatur von Blatt 7V (Tafel S. 43) zeigt den Abt Petrus Miller kniend im Gebet vor der ge-
krönten Gottesmutter mit dem Kind als der Schutzpatronin des Klosters, hinter ihm stehend den Hl. Bernhard,
der ihm die rechte Hand auf die Schulter legt. Beide führen einen Abtsstab. Maria ist von Engeln umgeben, die
einen blauen Mantel hinter ihr ausbreiten; den Hintergrund bildet eine hüglige Landschaft mit einem einzelnen
steileren Berg, einem See, mit Gehöften, einem Schloß und — unter anderen — einer Zisterzienserkirche. Das

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