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Werner, Wilfried
Cimelia Heidelbergensia: 30 illuminierte Handschriften der Universitätsbibliothek Heidelberg — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.2051#0045

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Biblia Pauperum (Cod. Pal. Germ. 148)

seit 1418. Gleich zwei Eintragungen bezeugen dies, zuerst eine lateinische (6rb): »Item anno domini etc. [14]18
dedit magister Jeorius Bock plebanus in kathedrali ecclesia Constantiensi hunc librum monasterio Petri
domus . . .«. Dasselbe findet sich Bl. 419r in deutscher Sprache: »Anno etc. XVIII hat maister Jürg Bock
[eigentlich liest man an dieser Stelle »Beck«] pfarrer in dem minster das buch geben vmb gotz willen dem
gotzhus Pettershusen. Cuius anima requiescat in pace«. Das heißt aber, daß es sehr bald nach seiner Fertig-
stellung nach Petershausen gelangt ist, denn erst 1415 war der eigentliche Bibeltext vollendet: (389va) »Et
sie est finis huius biblie sub anno domini M°CCCC°XV° in die Othmari«, Stephan Langtons Übersetzung der
hebräischen Namen am Schluß sogar erst 1416: (419r) »Et sie est finis istarum interpretacionum Anno
M°CCCC°XVj°«. Rechnet man noch etliche Zeit für die Rubrizierung der Handschrift und für die Aus-
schmückung mit jenen etwa 80 Bild- und Zierinitialen, den Zierstäben und Ranken, so erscheint es denkbar,
daß das Buch von vornherein für Petershausen bestimmt war. Natürlich ist es aber auch möglich, daß die künst-
lerische Ausstattung erst in Petershausen vorgenommen wurde. Das gilt sicher für den gut erhaltenen Schweins-
ledereinband mit Blindpressung von Platten-, Rollen- und Einzelstempeln, wohl des 16. Jahrhunderts.

1 Inc.: »Genesis exo leui deu io iudicum Ruth«, expl.: ». . . iudas apocalipsis«. Vergl. Walther, Carm. 7141; Bernh.
Bischoff, Anecdota Carolina, in: Studien zur lat. Dichtung des Mittelalters, Ehrengabe f. K. Strecker, 1931, S. 8.

2 Inc.: »Sex prohibet peccant . . .«; dazu der Kommentar: Sex = »Opera dierum et creacio celi et terre . . .«, expl. 6ra:
». . . venio iam«, darüber: ». . . et merces mecum est, reddere unieuique seeundum opera sua« (Apoc. 22,12), vergl.
Stegmüller, Rep. Bibl. 1179.

3 Stegmüller, Rep. Bibl. 105, 3.

4 194vb zu Psalm 1: >Quod ipse sit lignum vite cui inserendus est surculus conuersationis nostre ut floreat bonorum operum
irrigacione<.

s I94vb/l95ra Zu Psalm 1: »Effice nos domine tamquam lignum fructuo/Zsissimum . . .«.

6 Vergl. C. Mohlberg, Mittelalterliche Handschriften, Zürich 1952 (Nr. 324) = Katalog der Handschriften der Zentral-
bibliothek Zürich. 1.

7 Z.B. in der Stuttgarter Handschrift HB I 222, 4r; vergl. V. E. Fiala u. H. Hauke, Die Handschriften der ehemaligen
königlichen Hofbibliothek Stuttgart. 1. Codices ascetici, T. 2. Wiesbaden 1970.

Die Handschrift ist bisher in der Literatur nicht erwähnt.

13 Biblia Pauperum

Tafel Seite 49 Cod. Pal. Germ. 148, Pergament, 41 Bl., 40X26,5 cm (Bildgruppen 23 X 15 cm),
Bayern, um 1430

Daß der Titel »Biblia Pauperum« oder »Armenbibel« für den damit bezeichneten Typ einer Bilderbibel des
Mittelalters durchaus irreführend ist, wird nirgends deutlicher als an dem besonders prachtvoll und aufwendig
ausgestatteten Heidelberger Kodex.

Wirklich war bei dieser Buchgattung primär weder an die Armen und Leseunkundigen gedacht, denen das
Bild die Schrift hätte ersetzen sollen, noch an unbemittelte Kleriker, die auf den Erwerb einer Vollbibel ver-
zichten und mit Auszügen sich hätten begnügen müssen. Für beide Aufgaben standen andere Buchtypen zur
Verfügung, von denen einer — in Gestalt von unbebilderten Kurzfassungen — schon im Mittelalter, und mit
größerem Recht als »Biblia Pauperum« bezeichnet wurde. Von dorther ist dann wohl die Übertragung des
Titels auf die Werke wie das vorliegende erfolgt, zu einer Zeit, als das Verständnis für das eigentliche Anliegen
dieser Gattung bereits geschwunden war. Auch mochte man dabei an Werke wie die zu den »Volkshand-
schriften« des 15. Jahrhunderts zählende »Freiburger Bilderbibel« denken, mit ihren groben, flüchtig lavierten
Federzeichnungen, die die Erzählhandlung der Evangelien wiedergaben und den Text fast überflüssig machten.

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