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IX

noch auch Naturwissenschaftler von Fach, den Versuch zu unter-
nehmen, KoDrad von Megenbergs Werk einem grösseren Leserkreise
zugänglich zu machen. Die einzelnen Thier- und Pflanzenarten, von
denen Konrad uns berichtet, in jedem Falle genau zu deuten, ist
manchesmal auf unüberwindliche Schwierigkeiten gestossen. Die
Dürftigkeit und Unklarheit einzelner Schilderungen machte es oft
unmöglich, auch nur annähernd festzustellen, was gemeint war.
Bei vielen anderen Einzelheiten musste ich mich damit begnügen,
Möglichkeiten anzudeuten.

Dass Konrad an ihm passend erscheinenden Stellen religiöse
Fragen in seine Naturgeschichte hineinflicht, ist durch seine äussere
Lebensstellung ebenso bedingt gewresen wie durch die ganze Denk-
weise seiner Zeit. Für seine damaligen Leser konnte aber, wie ich
meine, sein Buch durch ein derartiges Hineinziehen religiöser Mo-
mente nur gewinnen. Es war Konrad hiermit nicht minder Ernst,
wie mit seinen naturwissenschaftlichen Bestrebungen. Dass er über-
all nur auf Wahrheit und Recht dachte, geht aus seinem Buche
klar genug hervor. Will man einen Autor aus einer, uns fern
liegenden, Zeitepoche vollinhaltlich verstehen und begreifen, so ntuss
man versuchen, sich möglichst der Denk- und Anschauungsweise
seiner Zeit anzupassen. Es ist das eine unabweisbare Bedingung,
wenn man dem Sinne eines solchen Buches, wie des vorliegenden,
völlig gerecht werden will.

Das Studium des Buches der Natur giebt uns, wie ich denke,
bei der Reichhaltigkeit seines Inhaltes, ein gutes Bild der natur-
wissenschaftlichen Begriffe und Ideen, wie sie sich vor nunmehr
500 Jahren gestaltet hatten. Unwillkürlich entwickelt sich beim
Lesen von Konrads Buche ein Gefühl dankbarer Anerkennung des
Gebotenen. Es ist das Werk eines, in seiner Klause schaffenden
und überlegenden Gelehrten, dem für die Erscheinungen und Vor-
gänge in der Natur ein helles, offenes Auge und der Trieb verliehen
gewesen ist, das Geschehene nicht einfach als solches hinzunehmen,
sondern es zum Gegenstande seines Nachdenkens zu machen. Das,
was er gesehen, beobachtet und aus fremder Quelle als eigenes
Gut erworben, hat Konrad seinen Zeitgenossen nicht vorenthalten
wollen. Er hat dadurch in einer schweren Zeit, wTo der selnvarze
Tod, die Pest, Länder verwüstend und Menschen mordend unser
Vaterland verheerte, an seinem Theile mächtig zur Verbreitung
 
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