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edeles Kind. Adelinus sagt, dass der Adler, wenn er unter seinem
hohen Alter leide, sich nach einem recht kalten Quell umsehe und
über diesem sich in alle Wolken hinauf schwinge. Durch die Sonnen-
hitze wird dann die Dunkelheit, die seine Augen befallen hat, ver-
zehrt. Dann stürzt er sich, erhitzt wie er ist, sofort in den vorher
ausgesuchten Quell herab, taucht dreimal darin unter und fliegt dann
in sein Nest zurück, zu seinen starken Kindern, die jetzt schon gut
rauben können. Dann mausert er sich, grade wie in der fieberfreien
Zeit zwischen der Hitze und dem Fieberfrost. Die Jungen speisen
und ernähren ihn während dessen im Nest, bis seine Federn wieder
neu gewachsen sind. Wenn sein Schnabel so laug geworden ist,
dass er seine Nahrung nicht melir gut damit greifen kann, so schlägt
er ihn gegen einen Stein, wetzt ihn daran und kürzt den Haken
des Schnabels so lange, bis er ihm wieder passend ist. Die Jungen
des Adlers winseln and schreien im Nest nicht. Jakobus giebt an,
der Adler habe in seinem Nest einen Stein, Echites oder Gagates
genannt.1). Dieser hat in seinem Inneren noch einen zweiten Stein.
Diesen Stein hat der Adler im Nest gegen seine eigene grosse
Hitze. Jedoch will ich von den Steinen weiter unten reden. Hätte
er den Stein nicht, so würden seine Eier bei der grossen Hitze im
Nest braten. Andere Gelehrte behaupten, der Adler habe zwei
Steine im Nest, Nides genannt, ohne deren Hülfe er nicht brüten
könne. Der Adler theilt anderen Yögeln von seiner Beute mit, aber
die Gäste mögen sich vor dem Wirth wohl hüten. Hat er nemlich,
wenn die Beute verzehrt ist, noch nicht genug, so greift er sich die
Gäste und frisst sie auf. Die Krähen verfolgen den Adler bisweilen.
Lässt er Das auch einige Zeit geschehen, so greift er sie schliesslich
doch mit den Krallen. Plinius sagt, Adlerfedern vertrügen sich
nicht mit andern Federn; wenn man sie zusammen bringt, frässen
sie auf und litten ihre Gemeinschaft nicht. Das glaube ich aber
nicht. Der rechte Fuss des Adlers ist grösser wie der linke. Er
nimmt seine Jungen auf seine Schulter und lehrt sie so fliegen.
Alle edelen Yögel erschrecken, wenn sie den Adler sehen und wTagen
am selben Tage nicht zu rauben, da sie ihren Muth verloren haben.
Eine Ausnahme macht der Greiffalk2), der fängt den Adler.
Alexander sagt, der Adler hindere durch seinen kaiserlichen Ruf
den Flug anderer Yögel. Muss er einen Tag fasten, so holt er das

*) Vergl. VI. 33.

2) Der fabelhafte Greif?
 
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