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feuriger. Aristoteles giebt eine Probe an, mit deren Hülfe man
erkennen kann, ob junger Wein oder Most einen Zusatz von Wasser
erhalten haben. Wirft man ein Ei hinein, so schwimmt es in un-
verfälschtem Wein oben, ist Wasser zugesetzt, so sinkt es zu Boden.
Guter Most hat zweierlei Wärme in sich, eine aus sich selbst und
die andere von dem Orte her, wo er entstand und die Sonne ihn
gekocht hat. Diese doppelte Wärme lässt den Most im Fasse
gähren, und desshalb schwimmt das Ei oben. Wasser dagegen ver-
treibt die Wärme, und das Ei sinkt desshalb unter. Nach Galen
erregt süsser Wein Durst, weil er die Körperwärme steigert.-
Isidorus warnt alle Menschen, die zur Wassersucht neigen, vor
jedem süssen Wein. Es giebt drei Sorten Wein. Die erste ist
wässerig und dünn, die zweite erdig und dick, die dritte hält die
Mitte zwischen Beiden. Reiner Wein wird im Magen wohl verdaut,
durchzieht die Adern und wirkt harntreibend. Desshalb reicht man
ihn den Kranken, denn er erhitzt nicht sehr, raubt die Besinnung'
nicht, ist für das Gehirn unschädlich und ebenso auch für die
Adern. Mit Wasser gemischt löscht er aber den Durst besser.
Aristoteles sagt, man sollein einen zu starken Wein, der das Fass-
zu sprengen drohe, etwas Käse werfen. Dadurch wird die stürmische
Gährung beseitigt, denn der Käse ist kalt und voll Poren, in die
er die hitzigen Dünste einzieht, welche die Gährung hervorrufen.
Gleichzeitig dämpft er dieselbe durch seine Kälte. Nach Isidorus
ist der aus Korn oder Gerste bereitete Wein nicht gesund, wird im
Magen schlecht verdaut und erzeugt böse Dünste und Feuchtigkeiten
im Leibe. Er verschoppt Leber und Milz und erzeugt Steine in
Blase und Nieren. Weiter sagt er: Guter Wein, massig und dem
natürlichen Bedürfniss entsprechend getrunken, ernährt den Leib,
bringt und erhält die Gesundheit und stärkt die verdauende Kraft
des Magens und den Stoffumsatz in den Gliedern. Es giebt keine
Speise und kein Getränk, das die natürliche Wärme so stärkt, wie
der Wein. Er entfernt die Trauer und bringt Freude, er wandelt
die Fehler der Seele in Tugenden um, macht den Harten milde,
den Rauhen sanftmüthig, den Hoffartigen demüthig, den Trägen
behende und den Furchtsamen tapfer. Er wandelt die Schwer-
fälligkeit des Denkens in Weissheit und Klugheit, macht den Un-
geaprächigen gesprächig und den Thoren gescheidt. Desshalb
tranken ihn die Weisen, Perser und Hellenen, wenn sie mit
Jemandem weise Reden führen, etwas Neues ersinnen oder zum ge-
 
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