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ist sehr astreich und hat eine sehr dünne Binde. Die rötlich ge-
färbten Blätter sind kleiner,, wie die des Birnbaums. Im Frühjahr
und Anfang Sommers nimmt der Baum eine grosse Menge Wasser
auf, und sein Saftgehalt wird dadurch so gross, dass die dünne
Rinde sich dehnt und ausreckt. Wenn dann die heissen Tage
kommen, wo der Stern Canis mit der Sonne aufgeht, im August,
bekommt die Rinde kleine Risse, und es fliesst ein an der Luft er-
härtender, Saft heraus. Dieser Saft heisst lateinisch gleichfalls
Thus und ist der echte Weihrauch. Der um die genannte Zeit
hervorgebrachte Weihrauch ist weisslich, bildet runde Stücke und
ist der beste. Auf dem Bruche ist er inwendig weich. Am Feuer
entzündet er sich leicht. Er ist gut gegen Brustleiden. Gut ge-
pulverten, reinsten Weihrauch mit frischem Wachs, das eben erst
vom Honig geschieden ist und ungesalzener Butter zu gleichen
Theilen am Feuer geschmolzen und gut untereinander gerührt, lässt
man zunächst kalt werden. Dann wird die Masse wiederum am
Feuer erweicht, auf die Fleischseite eines Schaffelles gestrichen und
auf die Brust gelegt, wenn ein Abscess in ihrem Inneren sich be-
findet. Dies hilft sehr gut. Ein Pflaster aus Weihrauchpulver und
Wein ist gut gegen Triefaugen und den Zahnschmerz, der von
Flüssen aus dem Kopfe herkommt. Weihrauch, längere Zeit ge-
kocht und im Muude behalten, entfernt den Fluss des Hauptes, der
Rheuma genannt wird. Der hellfarbige Weihrauch mif einem Ge-
tränk genossen, stärkt den Magen. Der dunkel gefärbte, der zu
anderen Zeiten aus dem Baume fliesst, ist mit dem hellen au Güte
nicht zu vergleichen, bildet auch nicht die rundlichen Stücke. Es
ist bemerkenswerth, dass alle die Meister und Lehrer der Zauber-
kunst angeben, dass sämmtliche Götter und Geister^ die durch
Schriftgebilde, die man Charaktere nennt, oder durch geschnittene
Siegel beschworen werden, die Zauberer desto eher erhören, wenn
man ihnen Weihrauch opfert. Das ist ein heidnischer Irrthum.
Die ganze Wahrheit an der Sache ist die, dass die bösen Geister
den Geruch des Weihrauchs fliehen, und dass man mit ihm Gott
besonders ehrt. Desshalb ist auch der Weihrauch eine der drei
Gaben gewesen, die die drei Könige unserem Herrn Jesus Christus
geopfert haben, und aus demselben Grunde verbrennt man ihn in
den Gotteshäusern. Weil aber der echte Weihrauch selten und
theuer ist, uimmt man au seiner Stelle oft andere, weniger gut
riechende Harzsarten.

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