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Thiel, Viktor
Papiererzeugung und Papierhandel vornehmlich in den deutschen Landen von den ältesten Zeiten bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. — 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2403#0002
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Papiererzeugung und Papierhandel. 107

Durch einen Zufall wurde das von den Chinesen behütete Geheim-
nis der Papiererzeugung in der arabischen Kulturwelt bekannt. In Sa-
markand, wohin die Araber 704 vorgedrungen waren, lebten einige chi-
nesische Papierarbeiter, die 751 ihr Geheimnis preisgaben. Mit dem
Aufkommen der Papiererzeugung im Bereiche der in raschem Sieges-
laufe bis an die Westküste Afrikas und an den Süden Europas sich aus-
dehnenden Herrschaft der Araber wurde der alte aus Ägypten stam-
mende Beschreibstoff, der Papyrus, verdrängt; seinen Namen und seine
Verwendung übernahm das billigere Papier. Die Araber brachten die Er-
zeugung des Hadernpapiers auf jene Höhe, auf der diese wichtige tech-
nische Errungenschaft im späteren Mittelalter von den europäischen
Kulturvölkern übernommen worden ist: 795/96 wurde eine Reichspapier-
fabrik in Bagdad errichtet; um 900 begann man in Ägypten Papier zu
erzeugen, um 1100 in Marokko, um 1150 in Südspanien3).

In Europa wurde Papier zuerst in Spanien und in Sizilien verwendet,
wo sich die Araber festgesetzt hatten. Spätestens im 12. Jahrhunderte
drang sein Gebrauch auch nach Mitteleuropa vor. Im Abendlande war
der Papyrus schon seit dem 2. Jahrhunderte vor Chr. Geb. mehr und
mehr durch das Pergament ersetzt worden, an dessen Gebrauch für Ur-
kunden und Buchliteratur lange und zähe festgehalten wurde. Ließ sich
das Papier auch billiger herstellen, so konnte die Denkweise des römi-
schen Rechts, ebenso wie germanische Bedächtigkeit zu ihm seiner Ver-
gänglichkeit wegen kein rechtes Vertrauen fassen; bloß für Angelegen-
heiten von geringerem oder zeitlich beschränktem Belange schien sein
Gebrauch zulässig zu sein; so etwa für geschäftliche Vormerkbücher wie
die 1154 beginnenden Imbreviaturen des Notars Giovanni Scriba in
Genua, den mit 1223 einsetzenden Über plegiorum (Vormerkbuch für
Bürgschaften) in Venedig oder die Rechnungsbücher des Alphonso de
Poitiers 1243—1248 und das Trienter Rechenbuch von 1260. Papier war
auch in der Kanzlei der normannischen Herrscher in Sizilien im 11. und
12. Jahrhunderte in Verwendung, sowie ihrer Nachfolger, der Hohen-
staufen. Aus der sizilischen Kanzlei Kaiser Friedrichs gingen 1228 und
1230 Mandate aus, welche die ältesten Papierdokumente sind, die sich
auf deutschem Boden erhalten haben; das eine, an das steirische
Nonnenkloster Goß gerichtet, befindet sich im Haus-, Hof- und Staats-
archiv in Wien, das andere im Lübecker Stadtarchiv. Auch die Kanzlei-
register Friedrichs II. 1239/40, im Originale erhalten geblieben, be-
standen aus Papier4).

einem anderen Rohstoff zu suchen. Es setzten die Chinesen der Rohfasermasse auch
Hadern als billiges Surrogat zu, sie verstanden es aber auch schon im 2. Jahr-
hundert, Papier lediglich aus Hadern herzustellen. Beschreibbar sind die meisten
chinesischen Papiere durch Leimung mit reinem Kleister gemacht worden. (Wies-
ner in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie der Wissenschaften, phil.-hist.
Kl. Bd. 148 und 168.)

3) Mitteilungen aus dem Papyrus Erzherzog Rainer Bd. 2, 3, 4. — Die Ar-
beiten sind auch gesondert erschienen: Karabacek, Das arabische Papier: Neue
Quellen zur Papiergeschichte; — Wiesner, Die mikroskopische Untersuchung
des Papieres mit besonderer Berücksichtigung der ältesten orientalischen und euro-
päischen Papiere. Wien 1887/88.

4) Voltelini, Die Imbreviatur des Johannes Scriba, in: Mitt. d. österr.
Inst. f. Geschichtsf. 41. Bd. S. 71; A. Giry, Manuel de diplomatique 1894 p. 499;
Bresslau-Klewitz, Urkundenlehre 11/2, 2. Auflage S. 499ff.
 
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