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Thiel, Viktor
Papiererzeugung und Papierhandel vornehmlich in den deutschen Landen von den ältesten Zeiten bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. — 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2403#0028
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Papiererzeugung und Papierhandel. 133

daher in dieser Zeit England auf die Einfuhr von Papier angewiesen.
Daß eine solche auch aus Deutschland erfolgte, läßt sich schon aus der
hervorragenden Rolle erschließen, die ein deutscher Papiermacher bei
der Begründung der englischen Papiererzeugung hatte. In den statisti-
schen Tabellen, die Ehrenberg über die zur Zeit der Königin Elisabeth
von Hamburg nach Stade und weiterhin nach England ausgeführten
Waren zusammengestellt hat, führt er zum Jahre 1600 1/2 Rieß, 1602
einen kleinen Ballen mit 20 Remen, 1603 ein kleines Fäßlein mit 20 Re-
men sowie 10 Rieß Papier an167).

Eine überaus merkwürdige Nachricht über die Ausfuhr deutschen
Papiers nach Holland bringt der gelehrte Jesuit Baibin in seinen Mis-
cellatiea historica Regtii Bohemiae, 1679im). Er erzählt, daß die Papier-
mühle in Joachimstal den Ruf gehabt habe, das beste Papier in Böhmen
zu erzeugen; er habe vor einigen Jahren Joachimstal besucht, wo ihm die
Papiermacher mitteilten, daß die gesamten Erzeugnisse der Papiermühle
nach Holland ausgeführt, dort noch einmal bearbeitet und daraus endlich
jenes glatte und besonders dünne Papier hergestellt werde, das an den
in Holland, vor allem in Leyden herausgegebenen Büchern bewundert
werde; es sei nämlich das Joachimstaler Papier genügend stark, daß die
Holländer aus einem Blatt mit großem Gewinn zwei bereiten können.

Die hohe technische Vervollkommnung, welche die holländische
Papiererzeugung damals schon erreicht hatte, obgleich ihre Entwick-
lung kaum über ein Jahrhundert zurückreichte, fällt auf. Freilich war
der holländische Papiertechniker von Anbeginn vor eine schwierige Auf-
gabe gestellt. Das in der Ausnützung einer Wasserkraft mittelst eines
Wasserrades bestehende technische Verfahren, wie es schon die Chi-
nesen und Araber geübt, in Europa übernommen und im wesentlichen
unverändert erhalten worden war, konnte in der holländischen Tiefebene,
wo es nirgends ein Gefälle gibt, nicht angewendet werden. Es wurde
daher die Antriebskraft des Windes mit Windrädern zu Hilfe genom-
men169). Durch diese Problemstellung war die Erfindungsgabe des hol-
ländischen Papiermachers angeregt worden, dies um so mehr, als der
Sinn der Holländer für ein vollkommenes Erzeugnis durch ihre reichen
Erfahrungen entwickelt worden war, die sie bei ihren französischen
Unternehmungen machen konnten. Es wird in erster Linie Sache der
holländischen Papiergeschichtsforschung sein, zu zeigen, wie es zur Er-
findung des sogenannten „Holländers" kam; es ist dies eine Handmahl-
maschine, an der Waschscheiben und Sandfänger angebracht waren, wo-
durch eine schöne und reine Papiermasse hergestellt werden konnte.
J. J. Becher sah 1682 in Serndamm in Holland eine solche Maschine und
beschreibt sie als Gegensatz zu den sonst üblichen Stampf werken. Es
scheint diese Stoffmühle schon damals nichts Neues in Holland gewesen

167) Richard Ehrenberg, Hamburg und England irn Zeitalter der Königin
Elisabeth. Jena 1896, S. 345.

168) Ausführlich gibt die Mitteilungen Balbins über die Papiererzeugung in
Böhmen im 17. Jahrhunderte Frant. Zum an, Pfehled papiren v Cechäch v 17.
stoleti, in: Casopis XXVII (1921) 162.

169) Auch im deutschen Küstengebiete wurden da und dort Windpapiermühlen
erbaut, so noch 1829 in Stralsund. In der Nähe von Leipzig wurde 1801 eine solche
durch den Leipziger Bürger Joh. Christ. Ludwig hergestellt (Archiv für Buchhandel
XI, 354; Hössle im „Papierfabrikant" XXI).
 
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