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Thiel, Viktor
Papiererzeugung und Papierhandel vornehmlich in den deutschen Landen von den ältesten Zeiten bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. — 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2403#0029
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134 Papiererzeugung und Papierhandel.

zu sein, da schon 1682 Nathaniel Bladen den „Holländer" nach England
brachte170).

In den Zollregistern von Genua 1719 finden sich unter den Waren
aus Deutschland auch drei Faß Papier verzeichnet171). Während es sich
hier nur um einen vereinzelten Fall handeln dürfte, ist es gewiß, daß
spätestens von der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts an eine Ausfuhr
von deutschen Papiererzeugnissen in großem Umfange nach Holland und
England stattgefunden hat. Die Ausfuhr diente vor allem dem Bedarfe
des holländischen Buchdruckes, aber auch in minderen Sorten (Makula-
tur) dem Schiffbau zum Dichten der Fugen. Ein Teil des in den Nord-
seehäfen verfrachteten Papiers mag auf hamburgischen, holländischen
und englischen Schiffen in die Überseegebiete gebracht worden sein.
Während schon 1663 mit dem Buchdruck in Cambridge (Massachusetts)
begonnen worden war, wurde die erste Papiermühle in Amerika erst
1690 durch den Holländer William Ritinghuisen in Verbindung mit dem
Drucker Bradford von Philadelphia in Roxborough errichtet172).

Die Nachricht, daß das nach Holland gelieferte Joachimstaler Papier
dort einer vollkommenen Umarbeitung unterzogen wurde, bedarf wohl
einer Aufklärung. Wäre es denn nicht zweckmäßiger gewesen, den Roh-
stoff (Hadern) unmittelbar nach Holland zu liefern? Es wäre dies gewiß
geschehen, wenn nicht einem solchen Verfahren das Verbot der Ausfuhr
von Hadern aus Böhmen entgegengestanden wäre, welches Kaiser Fer-
dinand I. 1564 (26. März, Prag) erlassen hatte. Das Verbot war auf Be-
treiben des Alexius Schaffhirt, Papiermüllers aus Bautzen, erfolgt, der
zwei Jahre vorher die von seinem Vetter Hans Schaffhirt 1559 gegrün-
dete Papiermühle in Aussig übernommen hatte173). Es waren also nur
Scheinfabrikate, die man in Joachimstal zur Umgehung des Ausfuhrver-
botes von Hadern erzeugt hatte. Gewiß war es hochwertiger Rohstoff,
der hiefür verwendet wurde, da er sonst den Absichten der Holländer
nicht genügt hätte.

IV. Technisches Verfahren und praktische Organisation.

Die Beschaffung des Rohstoffes, dies war das Problem, mit welchem
die Papiererzeugung von Anbeginn an und allerorten zu ringen hatte.

17°) Karmasch, Geschichte der Technologie S. 746. (Bd. 11 der Geschichte
der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit. Hrsg. durch die historische Kom-
mission bei der Akademie der Wissenschaften in München 1864 ff.)

171) Ludwig Beut in, Deutsche Leinwand in Genua im 17. und 18. Jahr-
hunderte, in: Zeitschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte XXIV, 157. — Genua
war seit den Tagen Karls V. dem spanischen Herrschaftssystem eingeordnet; da es
durch Livorno und Marseiile aus dem Levantehandei verdrängt worden war, war
sein Handelsgebiet auf das westliche Mittelmeer, insbesondere auf das Gebiet der
spanischen Herrschaft eingeschränkt. — Über die Oberlausitzer Leinenausfuhr nach
England, Holland und Spanien im 17. Jahrhundert und im Beginn des 18. Jahr-
hunderts handelt A. Kunze in den Zittauer Geschichtsblättern 1930.

172) Witte a. a. O. S. 300. — Kirchhoff, Anfänge des deutschen Buch-
handels in Amerika, im „Archiv" XI, 360. (Gotthard Armbruster aus Mannheim kam
1743 nach Philadelphia, begann zu drucken und eine deutsche Zeitung herauszu-
geben; Christoph Sauer, ein deutscher Wiedertäufer, erbaute 1758 eine Papiermühle
in Pennsylvanien.) Vgl. auch Friedr. Kapp, Deutsch-amerikanische Buchdrucker
und Buchhändler im 18. Jahrhundert, im „Archiv" I, 56.

173) Der Erlaß ist gedruckt in der Lausitzischen Monatsschrift 1802, II, 99.
 
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