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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Antike Denkmäler (Band 2) — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.655#0007
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berühmten Baugliedern des Erechtheion ohne Bedenken an die
Seite gestellt werden. • Von den korinthischen Kapitellen sind viele
Fragmente erhalten, welche aber von dem dargestellten Kapitell,
das fast unbeschädigt in der Nähe der Tholos in der Erde ver-
graben aufgefunden wurde, in Bezug auf die Form der Akanthus-
blätter etwas abweichen. Man glaubt in dem gut erhaltenen,
aber nicht ganz vollendeten Kapitell entweder das ursprüngliche
Modell, welches Polyklet selbst angefertigt haben wird, erkennen
zu dürfen, oder aber eine spätere Nachahmung eines^der berühm-
ten polykletischen Kapitelle. Verschiedene Stücke beider Kapi-
telle sollen neben einander in dem schon erwähnten Aufsatze in
dem Jahrbuche des Instituts veröffentlicht werden. Obwohl diese
Kapitelle zu den ältesten korinthischen gehören, die wir besitzen,
zeigen sie doch schon die in römischer Zeit gewöhnliche Form,
abweichend z. B. von dem Kapitell im Tempel von Bassae und
denen des Philippeions zu Olympia. Die erste genaue Abbildung

des Kapitells nach einer Zeichnung von G. Kawerau findet sich
in der 'E'fYjjispU doyoioh,-^ 1885, Taf. 10.

Der Architrav ist dreitheilig und mit Blattwelle und Perl-
schnur versehen; er trägt einen Fries, der auffallender Weise
eine geschwungene Profillinie aufweist, wie sie meines Wissens
für das vierte Jahrhundert bisher noch nicht bekannt war. Es ist
beachtenswerth, dass dieselbe Profilirung bei dem Friese der Ein-
gangsthore zum Theater vorkommt, also bei demjenigen Gebäude,
welches nach Pausanias von demselben Künstler Polyklet erbaut
war. Ueber dem Friese lag kein gewöhnliches korinthisches
Geison, sondern ein Abschlufsgesimse, welches in seiner Profi-
lirung den unter den steinernen Kassettendecken der äufseren
und inneren Ringhalle angeordneten Gesimsen vollkommen ent-
spricht. Dafs in Folge dessen über diesem Gesimse eine höl-
zerne Decke anzunehmen ist, wurde schon oben gesagt.

Athen. W. Dökpfkld.

TAFEL 6. 7. MARMORWERK DER SAMMLUNG BONCOMPAGNI - LUDOVISI

1887 in der einstigen Villa Ludovisi gefunden (etwas west-
lich von z im Plan zu Th. Schreiber, Die antiken Bildwerke der
Villa Ludovisi), veröffentlicht von C. L. Visconti im Biillcitino dclla
commissionc archcologica coimmale 1887 S. 267 Taf. XVf., da-
nach theilweise wiederholt in der Gazette des bcaiix-arts, II per.
37 S. 73 (S. Reinach), ganz in Lützow's Zeitschrift für bildende
Kunst 1890 S. 152 (Heydemann), besprochen auch von Heibig,
Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer Alter-
thümer in Rom II S. 128. Die Gesammtform, von innen gesehen,
ist hier über dem Text nach der Abbildung in den Römischen
Mittheilungen des Instituts VII1892 S. 33 wiedergegeben und macht
die folgenden Angaben verständlich.

Die Länge der Hauptseite mifst aufsen unten 1,43 m, die der
Nebenseiten die Hälfte; die Höhe steigt von einst c. 1,07 m in der
Mitte der Hauptseite zu c. 0,84 m an den Ecken, von da in der-
selben Abschrägung (ausgenommen die Abrundung zu Beginn der
Nebenseiten) zu c. 0,61 m an den Enden herab. Die Dicke der
Wände beträgt unten 0,17 m und vermindert sich nach oben auf
c. o, 11 m durch eine geringe (c. 1 cm betragende) Abschrägung
innen und ein stärkeres Zurückweichen des Reliefgrundes aufsen
bis auf 5'/,> cm hinter dem, die ursprüngliche Senkrechte der Aufsen-
wände wahrenden, Relief, wodurch, ähnlich wie am Parthenonfries
(s. Michaelis, Der Parthenon S. 203f.), die Figuren nach oben zu
stärker heraustreten. Die Ecken zwischen Haupt- und Nebenseiten,
und gewifs auch die Mitte der Hauptseite trugen, eingefügt in
Bohrlöcher von 7 mm Durchmesser, metallenen Zierrath, von wel-
chem im Bohrloch rechts noch ein Eisenstift übrig ist.

Eine Metallverkleidung, von ursprünglich tektonischer Bedeu-
tung, hatten ferner wahrscheinlich die Ausschnitte unten, die sich

von einer Höhe von 0,325 m an den Ecken, mit geschwungener
oberer Begrenzung, bis zur Oberkante des Fufsleistens nach beiden
Seiten abwärts ziehen. Den Curven dieser Ausschnitte, bezie-
hungsweise ihrer Verkleidung pafst sich die Composition an.

Das Hauptbild stellt Aphrodite dar, wie im sechsten Hymnus
aus dem Meere hervorgehend, von zwei Hören empfangen und
bekleidet; von den Nebenbildern das linke eine nackte Hetäre die
Doppelflöte blasend, das andre eine vollbekleidete Braut ein Rauch-
opfer bringend. Mit der Rechten läfst sie W'eihrauchkörner, die
sie aus der, mit geöffnetem Deckel auf ihrer Linken stehenden
Dose genommen, in die mit Kohlen gefüllte Pfanne des auf
schlankem Fufse vor ihr stehenden Räuchergefäfses fallen, dessen
abgenommener (verstofsener) Deckel am Riemchen herabhängt.
Die rechte Hand der bekleideten und die linke Hand und rechte
Fufsspitze der unbekleideten sitzenden Figur sind schon im Alter-
thum, vermuthlich wegen erlittener Beschädigung, weggeschnitten.
Auf unserer Tafel 7 fällt das Licht unter dem r. Fufs der nackten
Figur durch Reflex von unten ein und darf nicht zu der Meinung
verleiten, als sei der Fufs vom Grunde gelöst.

In den Römischen Mittheilungen des Instituts VII, 1892 S. 32 f.,
ist die vorstehende Deutung der Darstellung gegeben und zugleich
der Nachweis Versucht, dafs das Ganze die Lehne eines Marmor-
thrones war und mit dem colossalen Frauenkopf derselben Samm-
lung (Schreiber Nr. 23) zusammen vom Tempelbild der «Venus
Erucina» an der porta Collina und weiter zurück aus dem be-
rühmten Heiligthum auf dem Berge Eryx in Sicilien herstammt.

Rom. E. Petersen.

Antike Denkmaelbb 1891—92.
 
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