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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Antike Denkmäler (Band 2) — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.655#0047
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TAFEL 46, 47.

DIE SCHACHTGRÄBER-TERRASSE VON MYKENAT WÄHREND
SCHLIEMANNS AUSGRABUNG.

Man hat häufig' beklagt, dafs Schliemann seine wichtigen
Ausgrabungen ohne die begleitende Controle genauerer Pläne
und Einzelaufnahmen durchführte und damit sich selbst wie andern
Forschern nach ihm die klare Erkenntnifs des einst Vorhandenen
erschwerte oder abschnitt. Nirgend ist dieser Mangel empfind-
licher, als bei der Gräberterrasse von Mykenai, denn einige
grundlegende Fragen in Bezug auf sie sind nun für alle Zeit un-
beantwortbar geworden.

Im Vorjahre übermittelte die Verlagshandlung Brockhaus in
Leipzig Frau Sophie Schliemann eine Kiste mit photographischen
Aufnahmen, welche seinerzeit den Holzschnitten für Schliemanns
Werke als Vorlagen dienten. Diese Originalaufnahmen wurden
von Frau Schliemann in bewährter Liberalität dem deutschen
archäologischen Institute als Geschenk zugewiesen und daraus
wird hier das Panorama der mykenischen Ausgrabung auf Tafel 46
und 47 in Lichtdruck zur Vorlage gebracht. Es sind drei an-
einander schliefsende Platten, die der gegebenen Raumverhältnisse
wegen derart getrennt werden mufsten, dafs der mittlere Teil der
Gesamtansicht auf beiden Tafeln erscheint.

Die Photographie ist für den Holzschnitt »Mykenai« S. 174
verwerthet und wird nun bei erneuter Behandlung der Schachtgräber-
frage als das Original allein zu Rathe gezogen werden müssen.

Das Terrain ist fast gleichmäfsig bis auf das ehemalige
Niveau abgegraben. Man blickt in das Innere des Plattenringes
(Tafel 46) und verfolgt seine Umfassungswand, soweit sie sich
erhalten hatte. An zwei Punkten der letzteren, rechts und links,
zeigt jedesmal die Figur Schliemanns deren Höhe an. Denkt
man sich die beiden Figuren durch eine gerade Linie verbunden,
so führt dieselbe genau über die vier in gleicher Richtung noch
aufrecht stehenden Grabstelen, zwischen denen eine fünfte am
Boden liegt. Im Hintergrunde über der linken Schliemannfigur
gewahrt man den grofsen dreieckigen Füllstein über dem Sturze
des Löwenthores, die Rückseite des berühmten Löwenreliefs. Von
da rechts, über die Gruppen der Arbeiter empor, steigt die Stütz-
und Abschlufsmauer des eigentlichen Burgberges. Die Mauer,
die vom Löwenthore nach links zieht, ist die grofse äufsere Burg-
mauer, von innen gesehen; das hellere Steingefüge in der linken
unteren Bildecke die Stützmauer der von der Berglehne abfallen-
den Gräberterrasse selbst. — In der rechten Bildhälfte von Tafel 47
ist die Grabung, bereits unter das ursprüngliche Niveau des Platten-
ringes herabgegangen. Man erblickt Reste von Fundamenten
kyklopischer Häuser und in der Ecke rechts ein Stück der sich
wieder heranbiegenden äufseren Burgmauer. Die Aufnahme der
Bilder erfolgte von dieser westlichen Burgmauer aus.

Von besonderem Interesse scheinen mir zwei Einzelheiten,
die in Schliemanns Holzschnitte nicht zu Tage kamen. Zunächst
die deutlich verfolgbare Spur des Burgweges, der vom Löwen-
thore aus jenseits des Plattenringes zur Rampenmauer empor-
führte und durch Schliemann zerstört wurde, hier aber in der
Schichtung der angeschnittenen Erde noch zu erkennen ist.
Zweitens auf Tafel 46 zwischen der Figur von Frau Schliemann
und der einzeln stehenden Platte der Periboloswand eine Mauer,
die, wie es scheint, das Niveau des Plattenringes nur wenig über-
ragt, aber ziemlich in die Tiefe geht. Von dieser Mauer schweigt
Schliemann merkwürdigerweise vollief; höchstens bezeugt er, dafs

es sich hier nicht um den Rest eines Baues handelt, wenn er
S. 387 versichert: »Ich bemerke, dafs ich innerhalb des geheiligten
Kreises keine Spur irgend eines vorhistorischen Gebäudes fand.«
Eine Mauer aus historischer Zeit würde aber schwerlich so tief
gebettet sein. Hier liegt also ein Problem vor. Wie ein Blick

auf den nebenstehenden Grundrifs der Gräberanlage aus Steffens
»Karten von Mykenai« lehrt, trennte die Mauer dem Anscheine
und ihrer Richtung nach die Gräber in zwei Gruppen, indem sie
von dem kleinen Frauengrabe (II) aus gegen die ehemalige Fels-
kuppe in die Mitte zog, die vielleicht erst durch die Zerstörung
diese Mauer zum »eing-estürzten Felsen« wurde. Ob diese Ab-
teilung der Gräber innerhalb des Plattenringes einst sichtbar war,
bleibt eine offene Frage. Unstatthaft würde es jedesfalls sein,
diese Mauer für die Discussion der »Agamemnongräber« des
Pausanias (II 16, 5) zu verwerthen. Obwohl ich mit Chr. Beiger,
»Die mykenische Localsage«, überzeugt bin, dafs Pausanias eben
diese Gräber als diejenigen des Agamemnon und seiner Todes-
genossen im Sinne hatte und mindestens einem Gewährsmanne
folgte, der den Plattenring in intactem Zustande selbst noch sah,
kann er, so unklar immer er sich ausdrückte, bei dem Verweise
auf die Gräber von Klytaimnestra und Aigisthos mit den Worten:
»äncoreya) xov Tft^owg« keine Mauer gemeint haben, die innerhalb
des Plattenringes selbst als eine kurze Scheide- oder Stützwand
fungirte.

Wien, August 1900. Wolfgang Reichel.

TAFEL 48. MARMORKOPF AUS PERGAMON.

Der auf unserer Tafel in etwas zu starker Wirkung in
Vorderansicht und aufserdem beistehend in drei anderen Ansichten
abgebildete Marmorkopf eines jugendlichen Mannes wurde ge-
funden im Herbst vorigen Jahres bei der Ausgrabung des zweiten
Marktplatzes aus der Königszeit in Pergamon, über welche Aus-
Antike Denkmaei.er 1899—1901.

grabung die Athenischen Mitteilungen des Instituts bald die erste
ausführliche Nachricht bringen werden. Er ist jetzt eine neue
Zierde der Schöpfung Hamdi-Bey's, des Ottomanischen Museums
in Constantinopel; ein Gipsabgufs ist in den Königlichen Museen
zu Berlin.
 
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