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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Antike Denkmäler (Band 3) — Berlin, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.1792#0047
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zwei müde ausruhenden Wanderer, erklart uns das Gebahrcn
jener. Der im Textbild 6 ausgeführte Versuch ergibt, scheint
mir, keinen üblen Rhythmus der Gestaltenfolge. Daß so die
zwei Platten streng eben zusammenschließen, hat Winnefeld noch
einmal durch den Versuch festgestellt. Dagegen ist die umge-
kehrte Zusammenfugung, C rechts an B, schon dadurch ausge-
schlossen, daß sich die Hügelunirisse schlecht, ihre Relieferhebungen
gar nicht vereinigen lassen.

D. Ganze Platte in Berlin, Altes Museum Nr. 1483, a, wie
B aus Venedig. Herausgegeben von R. von Schneider im Jahr-
buch XVIII 1903, 91, Taf. 6 (vgl. ebenda Anzeiger 37 Watzinger);
danach auf dem S. 36 links angeführten Winckelmannsblatt Abb. 4.
Nach anderem Lichtbild bei Kekule, Griechische Skulptur2 109
und bei Brückner in den Jahresheften XIII 1910, 58, Abb. 38.
Unsere Aufnahme wie zu B erwähnt.

H. 0,4öS links, 0,467 rechts, Br. 0,933. f)ic Anathyrose
fehlt auf der Rückseite links (Abb. 3). Links von vorn ein Dübel-
loch (S. 38 links).

Ein Mann schleppt eine widerstrebende Frau fort, ein
anderer ereilt die Fliehende, ein kleines Mädchen steht ruhig dabei.

Dem Jüngling links fehlt der rechte Unterschenkel, dessen
mäßig gebogenes Knie dort hinabweist, wo die am Grunde weg-
gebrochene Erdplinthe ansteigt, bevor sie wieder abfallt und ab-
schneidet. Auch sein vorgesetztes Bein ist hinter dem Weib
etwas gebogen zu denken. Er wiegt sich in den Knien, da er
seine Beute emporhebt, mit beiden Armen ihren Leib umfassend
und den Oberkörper zurücklehnend. Aber der rechte Arm muß
sich unzweckmäßig strecken, weil das Mädchen in kräftigem Wider-
streben ihre Rechte gegen die linke Schläfe und Stirn des
Räubers stemmt. Mit der linken Hand suchte sie seinen Arm
abzustreifen. Er trägt die Chlamys auf der rechten Schulter ge-
nestelt und beiderseits herabhängend, wozwischen der Körper-
umriß sichtbar wird. Das Mädchen ist in einen Chiton gekleidet,
mit Gürtungsbausch um die Hüften und, irre ich nicht, mit kurzem
Überschlag, dessen Saum unter ihrem rechten Scheinärmel, dicht
über dem Arm des Mannes, mit Bohrmulden absetzt. Dagegen
vermag ich nicht, mit Schneider, zu sehen, daß der Chiton von
der rechten Schulter herabgeglitten ist; eher von der linken.

Dicht heran flüchtet mit großem, stürmischem Schritt über
dieselbe Bodenerhebung, die erst ansteigt und dann ganz abfallt,
ein zweites Weib in ähnlichem Chiton mit kurzem Apoptygma
(dessen Saum Schneider als Gürtel versah), nur den Kolpos tiefer
hinabgezogen, auf Rücken und Unterarmen ein flatterndes Mäntel-
chen, in dem sich die rechte Faust birgt, vielleicht um die zarte
Hand zu kräftiger Abwehr tauglicher zu machen. Kopf und
linker Fuß machen ja schon kehrt nach dem Verfolger, der mit
noch längerem Schritt herankommt und die Hand weitvor-
streckend nach dem ersten faßt, was er erlangen kann: nach dem
Saum des Umschlagtuchs. Von seiner herabhängenden Linken
scheint, wie Schneider annahm, der Ansatz über dem linken Knie
herzurühren, den seine Tafel deutlicher gibt als unsere. Der
Mann, dessen Bartlosigkeit mir nicht sicher schien, trägt nur den
knappen, schlicht gegürteten Chiton, der sich zwischen den
Beinen noch deutlicher spannte, bevor der tief unterhöhlte Saum
abbrach. Der kurze Schlitz auf dem rechten Oberschenkel ist
nicht etwa ein frischer Riß, sondern war dazumal Mode, wofür

Antike Denkmaler 1914.

viele Reiter des Parthenonfrieses zeugen (deutlich z. B, West Figur 3,
10, 20; Nord 79, 96, 97; Süd 43, 44, 54). Unter den Füßen
dieses Mannes ist der Boden anders gestaltet als weiter links und
sonst an unseren Platten wie auch den übrigen Friesen mit Erd-
wellen: der rechte Fuß tritt auf einen besondern kleinen Buckel,
für den linken, hinter der Kleinen verschwindenden dient offenbar
ihre flachere Plinthe mit, während dazwischen eine Lücke klafft.
Daß dies ohne Bedeutung sei, scheint mir auch heute unwahr-
scheinlich, bedeuten aber kann die Lücke wohl nur ein Rinnsal,
über das der Frauenjager mit dem besonders weiten Schritt hin-
wegsetzt. Die gerade Linie als Ausdruck für ruhiges Wasser ist
auf Vasen und im Relief auf der ludovisischen Aphroditegeburt
sowie auf der XIV. Ostmetope des Parthenon bekannt (Jahrbuch
XXVI 1911, 112; Praschniker in den Jahresheften XIV 1911, 137;
Ilbergs Jahrbücher 1912 I 253).

Nach dieser bewegten Gruppe wandte sich der Kopf des
kleinen Mädchens, welches rechts in ruhiger Vorderansicht dabei
steht, in langem Gewände, das mit Steilfalten das rechte Standbein
vom seitwärts gesetzten Spielbein unterscheidet, ein Mäntelchen
von der rechten Hüfte schräg heraufgezogen und über den vorge-
haltenen linken Unterarm geworfen (wie bei den Altersgenossinnen
Conze, Grabreliefs II Nr. 831; 840), wohl auch den abgebrochenen
rechten Unterarm vor dem Schoß. Ihre Brust sieht nur im
Lichtbild etwas voller geformt aus, als dem Wuchs entspricht.
Darum aber und gar mit Brückner 59 wegen der besondern,
ganz flachen Reliefplinthe an ein ortbezeichnendes Kultbild zu
denken, warnt uns nachdrücklich die Klarheit, womit ein solches
in der durch „Carrey" erhaltenen Südmetope XIII des Parthenon
und im Kentaurenfries von Bassai gekennzeichnet ist. Auch findet
sich ein Mädchen etwa derselben Größe auf der zweiten Frauen-
raubplatte E, diesmal leidend und tätig am Vorgange beteiligt.

Daß an unsere Platte rechts keine der erhaltenen, auch
nicht die inhaltlich verwandte E anstoßen konnte, lehrte uns
schon das Fehlen der Anathyrose neben der entsprechenden
Stoßfläche (Textbild 3), das sich an der anstoßenden Kante der
Nachbarplatte wiederholt haben muß, was auf keine vorhandene
zutrifft (S. 37 rechts).

E. Ganze Platte in Wien, Estensische Sammlungen des
Kaiserhauses im Neubau der Hofburg, wie C 1 aus Catajo. Be-
schrieben in Filippo Aurelio Viscontis handschriftlichem Inventar
von 1806, abgedruckt Documenta inediti dei Musei Italiani III 36
Nr. 1066 (vergl. S. x), von Cavedoni, Indicazione dei principaü
monumenti dei R. Museo Estense dei Catajo, Modena 1842, 50
Nr. 138 (wovon mir R. Zahn freundlichst eine Abschrift machen
ließ), Conze, Archäologische Zeitung 1867, Anzeiger 93*, Heyde-
mann 19 f. Nr. 111 und Dütschke 194 Nr. 472 der zu C 1
angeführten Werke. Zuerst abgebildet noch in Catajo in dem
dortigen sehr ungünstigen Lichte bei Arndt, Einzelaufnahmen I 34.
Nach Wien verbracht wurde die Platte geformt (der Abguß auch
in Berlin Inv. Nr. 2409), nach dem Gips besser abgebildet in
Schneiders bei C 1 erwähntem Katalog der ephesischen Funde, wo
sie zuversichtlicher zu den Berliner Stücken gestellt wird als im Jahr-
buch XVIII 1903, 93; in anderer Aufnahme, wieder nach dem
Abguß, bei Brückner in den Jahresheften XIII 1910, 59 Abb. 39,
mit demselben Stock auf dem eingangs genannten Festblatt Abb. 5,
nach der gleichen Vorlage auch hier Textbild 7, überall noch
 
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